POLITIK
Da war doch was ...
Ein Buch über »Europas Rechtspopulisten«
Bis zum Herbst letzten Jahres war das durchaus noch ein Thema gewesen: Wieso überall in Europa rechtspopulistische Politiker beachtliche Wahlerfolge verzeichnen konnten. Von Italien bis Norwegen, Ungarn bis Portugal erhielten Führer-Parteien mit ziemlich gleichlautenden Parolen zwischen acht und über 20 Prozent der Wählerstimmen.
In der Aufsatzsammlung Haider, Le Pen & Co - Europas Rechtspopulisten portraitieren Journalisten von SPIEGEL, FR, SZ, Der Standard und anderen Bürgerblättern die Ikonen der jeweiligen Parteien. Weil Rechtsparteien in der Regel stehen und fallen mit ihrem Führer (bestes Beispiel ist der Untergang der Pim Fortuyn-Partei in Holland nach dessen Ermordung) ist diese Herangehensweise gewiß nicht falsch, um eine politische Strömung zu charakterisieren.
So erfahren wir, dass Fortuyn gerne in den Arm genommen worden wäre, dass der "Lega Nord"-Chef Umberto Bossi auch privat ein Krawallbube ist und früher gerne so tat, als sei er Arzt, und der Hamburger Amtsrichter Schill gerne auf Schickeria-Parys geht. Alle Portaits sind mit eher liebevoller Neugier fürs Objekt verfaßt worden, was bestimmt kein Nachteil ist.
Allen Populisten ist die kleinbürgerliche Herkunft gemein, ihr eher zielloser Eintritt in die Politik (einige haben früher für Linksparteien gearbeitet), ihr wirres Weltbild aus Recht, Ordnung, Rassismus und Blut & Boden - ein bißchen ähneln sie alle Adolf Hitlers Herkunft und Werdegang.
Als biografische Erläuterung ist das nett zu lesen. Politisch halten sich die Autoren zurück. So wird weder die notorische Erfolglosigkeit der neuen Bewegungen thematisiert (sobald sie an die Regierung oder auch nur ins Parlament kommen, zerstreiten sie sich meistens heftig) noch der politische Rückenwind, der sie ermöglichte.
Nachzugehen wäre da etwa dem Gedanken, dass die Rechtspopulisten vor allem ein Reflex auf den Neoliberalismus sind. In einer Welt, die die Konzerne längst unter sich und ihren Parteien aufgeteilt haben, darf auch ab und zu der Kleine Mann laut mit dem Fuß aufstampfen und seine Unzufriedenheit kundtun. Das macht Bewegungen wie die von Bossi, Schill, Lepper (Polen) und Orban (Ungarn) möglich. Stabil an der Macht bleiben Populisten nur, wenn sie sich mit dem Gegenstand ihrer vormaligen Kritik verbünden. Einer wie Berlusconi etwa hat es genial verstanden, als Anwalt des Volkes aufzutreten und dabei die Interessen der herrschen Klasse perfekt und schamlos zu bedienen.
Erich Sauer
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