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Deppenfutter

Vitamine, Pillen, Fitness-Drinks: Udo Pollmer erklärt die kleinen Reichmacher der Food-Industrie

Red Bull ist nicht vollkommen nutzlos. Soweit man seine Katze vegetarisch ernährt, sollte man ihr das klebrige rote Zeug ab und zu als Nahrungsergänzung in den Wassernapf schütten, schreibt Udo Pollmer, denn das darin enthaltene Taurin verhindert, dass der Stubentiger blind wird. Ansonsten enthalten Fitness-Drinks nichts Nützliches, das nicht auch von einem Glas Buttermilch und einer Tasse Kaffee zu erhalten wäre.

Das hippe "Sauerstoffwasser" zum Beispiel enthält schon rein rechnerisch zusätzlichen Sauerstoff für gerade mal vier Minuten Tiefluftholen. Grapefruitkerne wirken keinesfalls antibiotisch, die Putzkraft der entsprechenden Reiniger beruht vor allem auf - mach Sachen! - Antibiotika. Himalaya-Salz ist nicht nur nutzlos, sondern kommt vor allem nicht aus Himalaya.

Präbiotika sorgen für würzige Fürze, und Noni-Säfte riechen nicht nur wie eingeschlafene Füße, sie enthalten auch einen Fantasie-Wirktstoff, den niemand nachweisen kann. Dafür kostet die Pulle Noni-Saft dann auch nur 25 Euro, was nicht schlecht hingelangt ist für ein Getränk, dem von den prüfenden Behörden garantierte Wirkungslosigkeit bescheinigt wurde und bei dem trotzdem der Verdacht besteht, dass es mächtig auf die Leber schlägt.

Die ganzen Pillen und Pülverchen der Nahrungsergänzungsindustrie müssen garantiert wirkungslos sein, denn wenn ihre Heilkraft nachgewiesen wäre, würden sie unter die Medikamentenverordnung fallen. Wären sie als Nahrungsmittel gemeldet, würden schärfere Hygiene- und Verpackungsverordnungen gelten.

Bestenfalls ist das Zeug nicht schädlich, das in Drogerien, Bio-Shops und Supermärkten zusätzlich angeboten wird und für Gesundheit sorgen soll. Schlimmstenfalls ist es das doch. Man kann auch durch zu viel Vitamin C krank werden.

Von der Mode-Droge bis zum alten Hausmittel (Äpfel sind nicht besonders gesund) untersucht Pollmer Gerüchte und Halbwahrheiten über Ernährung und Gesundheit. Zusammen mit seiner Mitarbeiterin Susanne Warmuth hat er bereits diverse Bücher zum Thema veröffentlicht. Der "Wissenschaftliche Leiter des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften" ist dabei so streitbar wie eh und je (die "Deutsche Gesellschaft für Ernährung" ist sein Lieblingsgegner) und bleibt bei seiner originellen und dennoch einleuchtenden These: Wer industriell gefertigte Nahrung (also auch Fast Food) zu sich nimmt, ist auf der sicheren Seite. Ein Wurstpaket aus dem Supermarkt enthält mehr Vitamin C (als Färbemittel) als ein Salatkopf aus dem Bioladen.

Der Gedanke, schreibt Pollmer, dass alles, was aus der Natur kommt, gut sein müsse, ist irrig, Man denke nur an Fugo und Fliegenpilze. Wer sich vegan oder makrobiotisch ernährt, begibt sich in Gefahr und ist auf manche (wenige) Nahrungsergänzungsmittel angewiesen, wenn er gesund bleiben will.

Witzig geschrieben, in den alphabetisch geordneten Einträgen unsysthematisch und doch erhellend, arbeiten sich Pollmer und Warmuth von "Algen" bis "Zink" durch die Legenden der Zusatzstoffe. Algen etwa können extrem giftig sein, und von Zink hält unser Körper mehr als genug parat, mehr schadet da nur: "Bei Ratten führt zinkreiches Trinkwasser zu Ablagerungen im Gehirn und Störungen des Gedächtnisses. Also noch schnell, bevor es vergessen wird: Zinktabletten gehören nicht in den Magen, sondern in den Müll."

Erich Sauer
Udo Pollmer, Susanne Warmuth: Pulver, Pillen, Powerstoffe. Die falschen Versprechen der Nahrungsergänzungsmittel. Eichborn, Frankfurt 2008, 205 S., 19,95