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Bitte klau mich! Die Baen-Library verschenkt Bücher im Netz Während in Deutschland die Online-Piraterie zur biblischen Plage aufgebauscht wird, reagiert man in Amerika stellenweise pragmatisch. An der Front tut sich besonders Baen hervor, ein Buchverlag, der hauptsächlich militärische Abenteuer in erfundenen Welten herausbringt, besonders die Raumschlacht-Epen von David Weber (deutsch bei Bastei) und John Ringo (bei Heyne) und die Parallelwelt-Historien-Schinken von Eric Flint. Letzterer erfand 2000 die Baen-Free-Library und verfasste zur Einleitung eine kluge Replik auf die Piracy-Hysterie. Flint redet über Bücher, aber seine Argumente gelten für Filme und Musik genau so. Stehlen ist falsch, sagt er, zugegeben, aber Kaugummi-Diebe soll man nicht einsperren. Online "geklaute" Kunstwerke erhöhen das Renommee des Künstlers mehr als dass sie seinen Tantiemen schaden. Auch wenn es Diebstahl ist, ist es praktisch nichts anders als eine Ausleihe in der Bibliothek. Die Kur (mehr Gesetze, mehr Strafen, mehr Druck) ist für eine freie Gesellschaft schlimmer als die Krankheit (weniger Einnahmen). Weiteres und sehr witzig formuliertes zum Thema findet sich bei www.baen.com/library. Eric Flint und sein Verleger beschlossen, ausgewählte Bücher im Netz zu verschenken. Nur die ersten aus Roman-Serien, um als Appetithappen zu wirken - und nicht zu viele von einem Autor, um die unbekannten nicht unter einer Flut von Altmeistern zu begraben. Über 30 Autoren sind mit über 60 Bücher frei zugänglich, zum online-Lesen und als Download in verschiedenen Datenformaten. Und nur auf englisch. Inzwischen sind auch nicht bei Baen erschienene und nicht zum Military Fiction-Genre gehörende Bücher online (z.B. Keith Laumers "Retief", Murray Leinsters "Med Ship"). Alle aber zählen im weiteren Sinne zur Science Fiction. Komisch, dass "rechte" Kommiss-Köppe (deutsche Fans halten Eric Flint für einen Trotzkisten) heute tun, was "linke" Cyberpunker vor 20 Jahren als Revolution ausriefen. Seltsam, dass ein Verlag, der gedruckte Bücher gerade tonnenweise an die US Navy verschenkte online offensiv "legalisierte Kleinstkriminalität" als Marketing-Motor entdeckt. Und als Retter vor dem Polizeistaat. Und geradezu edelmütig, dass die Free Library keinen Internet-Link zurück zu ihrer kommerziellen Basis legt. WING
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Eric Flint: The Baen Free Library. www.bean.com |