HIPPOLOGISCH

Das Glück der Erde

Glücklicherweise fehlt dem »Pferderflüsterer« in der Hör-Version das Hufgetrappel

Dies ist das Buch, das alle lesen sollten, die sich für Rosamunde Pilcher zu klug vorkommen. Oder hören, im Auto-Cassetten-Recorder, während sie sich naturnah vorkommen, auf dem Benzin-Trip zum Freiland-Huhn-Verkauf im Weichbild.
Nicholas Evans hat mit Der Pferdeflüsterer eine hübsch-kitschig-rührende Geschichte über Natur, Kultur und wie sich beide wechselseitig in den Sattel helfen geschrieben - und der HörVerlag hat aus dem immensen Debüt-Erfolg eine beinahe makellose Toncassette gemacht. Bzw. 6, die 720 Minuten lang davon erzähhlen, wie ein reiches Stadt-Amerikaner-Paar vermittels einer verkrüppelten Tochter und des Pferdes, von dem sie fatal gefallen ist, wieder zueinander findet.
Das hört sich, nicht zuletzt wegen des erstaunlich wenig überbeschäftigt klingenden Christian Brückners als Vorleser, und insbesondere wegen der in diesen multischrulligen Zeiten mutigen Entscheidung, es beim reinen Vorlesen zu belassen, ganz famos an. Und es ist eine gute Einstiegs-Droge für das immer noch von Herrenreitern herablassend geschnittene Medium HörBuch.Zwar nämlich gibt es hier, als hätte der Weltgeist sich medienkritisch eingeschlichen, eine Handvoll Lesefehler - aber es gibt eben auch die weit tiefer als die bürgerliche Kulturtechnik des Selberlesens liegenden Wonnen des Erzähltbekommens. Hier von dem Pferd, das als Zivilisationsopfer (i.e. ein Trucker-Unfall) gegen den Zivilisator schlägt (i.e. das unschuldige Töchterlein), von dem Naturburschen, der als Bindeglied zwischen Stand und Land sich aufreibt (i.e. als Rossdoktor und Muttertröster), und von der Liebe, die man als strenge Dressur eben ebensowenig haben kann wie als ungebärdige Rache.
Hören sollten dieses Buch alle, die sonst keinen Vorwand haben, beim Republikdurchqueren einen Parkstreifen anzufahren - und Lesen sollten es alle Cassetti-losen Fußgänger, die "Hippo" für ein Trend-Wort halten. Und wer jemals eine Pferdekruppe mit dem Herzen berührte sowieso.
Außerdem werden, einer Blitzumfrage im Redaktionsumfeld zufolge, HörBücher gerne auf HomeTrainern konsumiert. Und auch für diese Rezeptionsbedingung ist Der Pferdeflüsterer das Mittel der Wahl, um sich im Beinumdrehen etwas begleitend equilaterale Gefühlserweiterung beizubringen. Und falls ihr noch einen Peitschenhieb braucht (was ein richtiger horsetalker nie tun würde): Robert Redford verfilmt die Story gerade, mit sich selber als Gaulgrummler. Da hören wir's doch lieber vorher. Sogar ganz leicht - und in Abspache mit dem Autor - gekürzt.
WING
Nicholas Evans: Der Pferdeflüsterer Der HörVerlag 1996, ca. 720 Min., 6 MC / 79,90 DM, 7 CD / 149,00 DM