SF

Das große Nichts

Perry Rhodan kriegt ein Fan-Buch - und einen Rausschmiß bei Heyne

Es wurde ja auch Zeit, daß die langlebigste Romanfigur der Welt (sowohl in Jahren wie in bibliographischen Einheiten weit über die 3000 hinaus) mal eine Hommage abkriegt; und es geht auch völlig in Ordnung, daß "Das große Perry Rhodan Fan-Buch" in der ganz normalen Taschenbuch-Reihe des Heyne-Verlags erscheint. Immerhin hat sich unser Mann im All mit einer Heft-Roman-Serie in zeitweise 5 Auflagen (bisher knapp 1850 Titel), einer Taschenbuch-Serie (mit 403 Titeln), einer Schwester-Heft-Serie (über den Geistes-Bruder "Atlan" mit 850 Titeln), diversen Comic-Serien, unterschiedlich bearbeiteten Nachdrucken und unterschiedlich umfangreichen Auslands-Lizenzen, Schallplatten, Computerspielen, Hörspielen, Brettspielen, Briefmarken, Rißzeichnungen, Plüsch- und Zinn-Figuren, Trading Cards und einem grauenvollen Kino-Film einen Platz in der Ewigkeit gesichert - leicht links oberhalb Jerry Cottons. Da dürfen auch Perry-Verächter mal ein Handbuch zum Phänomen kaufen.
Erst recht, wenn es so ehrlich ist, gleich auf den ersten Seiten nicht zu verschweigen, daß der Verkauf der ältesten Science-Fiction Serie des Universums seit Mitte der Achtziger Jahre etwas absackt. Und daß das Fan-Buch zugleich das Ende des Versuchs markiert, in einem "Normal-Verlag" ein Fan-Programm zu fahren. Im September werden die Perry-Rhodan-Taschenbücher (seit 1993 bei Heyne) mit der Nummer 403 ersatzlos eingestellt.
Grabreden aber sind verfrüht, die Planungen für das universale Abenteuer am Bahnhofs-Kiosk reichen schon bis zum Dezember 1999 - dann erscheint das 2000ste Heft. Und hoffentlich ein besseres Fan-Buch.
Denn dieses hier enthält zwar einen Roman und 18 Artikel zu diversen Serien-Aspekten (Autorenporträts, Fandom-Reportagen, Werkstattberichte, Statistiken ...) aber neben Dutzenden von Interna-Schmankerln (u.a. ließ Hanns Kneifel einmal den echten Neil Armstrong noch vor dem fiktiven Perry auf dem Mond landen) Hunderte von Versäumnissen im Detail: etwa die Faschismus-Debatte unter Deutschlehrern, den undurchsichtigen Rausschmiß der besten Autoren (Kneifel und Ziegler/Zubeil), die mehrfach ventilierten Pläne zu einer Fernsehserie (Bavaria/Eichinger hatte eine Option, ließ dann aber lieber die Raumpatrouille Orion neu starten), die echten Auflagen-Zahlen von heute und den besten Artikel über den aktuellen Titel-Bild Maler der Serie Al Kelsner aus Bünde (stand letztes Jahr bei uns, wo sonst).
Fazit: richtige Fans kaufen's eh, auch wenn sie nicht viel Neues kriegen - entfernten Beobachtern stößt die überfreundliche pro-domo-Haltung der meisten Texte als PR auf - aber bedächtige Kritiker müssen konzedieren: eine komplettere Erst-Information über Deutschlands einzigen literarischen Beitrag zur globalen Pop-Kultur (bemerkenswerterweise ohne jede Schauspier-Hilfe) gibt es nicht. Noch. Leider. Bzw. Dankeschön.
WING
Das große Perry Rhodan Fan Buch. Heyne, München 1996, TB-Nr. 9968, 409 S., 14.90 DM