LEUTE Der Reigen Bei Craig Brown treffen sich Hitler und Hemingway, Madonna und Queen E. zur »Party des Jahrhunderts« Die Idee ist ebenso brillant wie bekloppt, je nachdem wie viel Wert man auf Zusammenhänge in Büchern oder Leben legt. Oder den Zufall mitspielen lässt. Craig Brown hatte jedenfalls eine Menge Arbeit damit, eine Art Facebook des letzten Jahrhunderts zu montieren, das 101 mehr oder minder bekannte Personen der Zeitgeschichte einzig über ihre aufeinander folgenden Begegnungen verknüpft. Da läuft etwa 1931 Hitler einem jungen englischen Oberklassen-Spross in München vors Auto, aber der Unfall bleibt folgenlos. Acht Jahre vorher parlierte John Scott-Ellis schon als Kind mit Rudyard Kipling und das erste Prinzip des Buches wird offenbar: Viele Begegnungen sind selbst ziemlich uninteressant, bieten aber Gelegenheit zu kleinen Prominentenporträts und thematischen Abschweifungen (Kipling und die Kinder). Ein anders Prinzip ist offenbar, ungewöhnliche Kombinationen zu wählen. Dass Rudyard Kipling auf Mark Twain trifft, überrascht niemanden, aber wenn der Erzbischof von Canterbury den frechsten Radio-DJ der Swinging Sixties mit Sympathien für Hippies verblüfft, dann lernt man mehr als bloß neue Leute kennen. Das funktioniert sogar, wenn einige der 101 wahren Begegnungen ganz ohne Wortwechsel abgehen, etwa wenn Musikclown Harpo einmal mit der Harfe den Komponisten Rachmaninow in Grund und Boden spielt. Alles ist sehr vergnüglich und nur ein bisschen an den Haaren herbeigezogen. Wing
Craig Brown: Die Party des Jahrhunderts. 101 wahre Begegnungen. Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013, 512 S: 22,99
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