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Rumble in the Jungle

»Pandora im Kongo« spielt mit Versatzstücken der Moderne

Der Fluch der Postmoderne liest sich manchmal so: "Das Unbegreiflichste am Grauen ist, dass es daran nichts zu begreifen gibt. " - ist das nun "eine Sensation" oder aus dem "Buch des Jahres", wie die quietschgrüne Bauchbinde auf Pinols Roman Pandora im Kongo verkündet - oder nur dumme Worthuberei, der freche Versuch, das Plagiat und die Leere der Gedanken hinter der Geste der Ironie zu verstecken?
Der Katalane Albert Sanchez Pinol jedenfalls zieht noch einmal alle Register einer eigentlich schon langweilig gewordenen Moderne: Ein verurteilter Mörder erzählt im Auftrag seines Anwaltes einem Ghostwriter seine phantastische Lebensgeschichte. Er war im Kongo mit zwei Engländern auf Goldsuche, stieß dabei auf das unterirdisch lebende Volk der "Tektoren" und verliebte sich in eine große weiße Frau. Der Autor verfällt bald dem Zauber der Erzählung und hält den Mörder für unschuldig.
Einerseits gibt Pinol seinem Erzählgarn reichlich Raum, andererseits streut er hin und wieder Bemerkungen ein, die seine Distanz betonen: Man solle den schönen Enden der Schundromane nicht trauen, sagt der Autor im Buch - und schreibt ein süßliches Happy End in sein Manuskript, wohl wissend, das alles ganz anders war. Dass er dieses Manuskript verliert, dass er sein Buch ständig umschreiben möchte, dass überhaupt nichts so ist wie der Autor des Autors erzählt - wir ahnen es.
Aus der mäßig gebauten Geschichte (in der ständig Figuren verloren gehen) retten sich Pinol und sein Ghostwriter am Ende mit der Wahrheit, das sowieso alles ganz anders ist und dass man der Literatur nicht glauben dürfe. Das ist, für über 400 Seiten Kolonialgeschichte, aufgesägte Schädel, zu Tausenden hingemetzelten Eingeborenen und überhaupt viel geklautem Henry Rider Haggard ein bisschen viel wenig.
Wie desinteressiert Pinol an seiner faktischen Geschichte ist und wie wichtig ihm seine artistischen Taschenspielertricks sind, zeigt auch dies: 1914 notiert im Roman ein junger Anwalt "irgend etwas mit einem teuren Kugelschreiber". Das tut er eigentlich nicht, das erste Patent für Kugelschreiber gabīs 1938.
Thomas Friedrich
Albert Sanchez Pinol: Pandora im Kongo. Aus dem Katalanischen von Charlotte Frei. S. Fischer, Frankfurt 2007, 478 S., 19,90