AMATEURE
Queer as Folk
Ein schräger Blick aufs Tournee-Biz
Mauerblümchen müssen nicht weiblich sein. Brian, der Literatur-Student und Ich-Erzähler dieses Romans, drückt sich am liebsten alleine in Bars herum und beobachtet Leute. Das ist wenig aufregend, wie überhaupt das Studenten-Leben in Peoria im Staate Illinois nicht besonders lustig ist.
An einem kalten Winterabend lernt Brian einen merkwürdigen Entertainer kennen. Der großgewachsene Jeans-Typ stellt sich als Owen Noone vor und begeistert das Publikum mit schiefen, inbrünstig gesungenen A-Capella-Versionen von Guns NīRoses - ein tolldreister Auftritt, den sich Brian, der heimlich Liebesgedichte schreibt, nie zutrauen würde. Brian freundet sich mit dem Charismatiker Owen an, sie gründen eine Band und sagen Olī Peoria Lebewohl.
Während das ungleiche Paar altes amerikanisches Liedgut (Yankee Doodle) als Punk wiederbelebt, wächst die Fan-Gemeinde stetig. Als Sohn eines populistischen und damit sehr erfolgreichen Republikaners verfügt Owen Noone über beträchtliche Geldsummen. Leider auch über einen beträchtlichen Vater-Komplex, der sich parallel zum Charts-Erfolg von Owen Noone and the Marauder noch gefährlich steigern soll.
Der Kniff des Autors, die Erfolgsstory eines amateurhaften Schrammel-Duos mit dem größtmöglichen Understatement zu erzählen, geht auf. Aus der Perspektive des vorsichtigen Brian bleibt Owen stets ein Durchgeknallter, der den Produzenten im Streit fast erwürgt und die Band für den Kampf gegen seinen Vater missbraucht. Brian selbst verharrt bis zum Ende in der Beobachterrolle. Während er nach den Auftritten am liebsten Baseball-Spiele guckt, rollt die ganze Sex & Drugs & RockīnīRoll-Maschinerie an ihm vorbei. Deswegen legt der Autor mit dem Roman-Titel wohl bewusst eine falsche Fährte. Der Charakter des gnadenlos unscheinbaren Brian ist das eigentlich Faszinierende an dem Buch.
Frank Krings
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