KLEINE FRAUEN
Helden am Ende
Christian Osters ironischer Roman »Meine Putzfrau«
Der Ich-Erzähler Jacques geht auf die 50 zu und hat grad eine Liebe verloren. Nach sechs Monaten der Trauer entdeckt er, dass er auch äußerlich zu verwahrlosen beginnt, seine Wohnung sich in eine dreckige Räuberhöhle zu verwandeln droht. Wenn schon keine innere Ordnung, denkt Jacques, dann wenigstens eine Putzfrau fürs Äußerliche. So lernt er Laura kennen. Laura ist halb so alt wie er, schweigsam, unauffällig. Sie ist eine kleine Frau, was Jacques sehr entgegenkommt, er mag keine großen Frauen, seine letzte Liebe Constance zum Beispiel war viel größer als Laura, und mit der hat es ja nun nicht geklappt.
Laura zieht ein, weil ihr derzeitiger Freund sie vor die Tür setzt. Also wohnt Laura jetzt bei Jacques, der auf dem Sofa schläft. Jacques arbeitet halbtags, vertrödelt den Rest seiner Zeit, Laura sieht den ganzen Tag fern. Schließlich sehen sie zusammen fern. Sie gewöhnen sich aneinander. Jacques weiß nicht, was er davon halten soll: "Wir brauchten einander, aber wir wußten nicht, was wir mit diesem Bedürfnis tun sollen." Eines Abends steht Laura in der Tür und sagt, dass sie keine Einwände habe, wenn er, Jacques, einmal mit ihr schlafen wolle.
Die große Kunst von Christian Osters ironischer Erzählung Meine Putzfrau besteht darin, dass wir zwar nur die Stimme des Helden hören, seine Relexionen, Selbsterklärungen, Beobachtungen, dass wir aber trotzdem merken: er ist ein Depp. Etwa nach der Hälfte des Buches verspürt man dringend das Bedürfnis, Lauras Version der seltsamen Geschichte zu hören. Aber gerade weil das Buch darüber schweigt, werden wir immer skeptischer, was die Beobachtungen von Jacques betrifft. Er verfällt zwar in einen sinnlichen Rausch und begehrt Laura bis zum Wahnsinn, aber dass das Liebe sei, wie er sich einredet, glauben wir ihm nicht.
Und wenn wir das ganze Neben-Personal bedenken, Freund Ralph (der eigentlich Raphael heißt und Hühnermaler ist), die ständig leidende Claire, Jacques´ Clique, der er ständig hinterhertelefoniert, um sich zu verabreden ("Du jetzt ist schlecht, laß uns in drei Wochen noch mal telefonieren"), dann hat man den Verdacht, dass keiner von ihnen zu Liebe und Freundschaft fähig ist, obwohl alle ständig darüber nachdenken und reden. Die schweigsame Laura nimmt sich am Ende einfach immer was sie braucht. Das erinnert ein bißchen an Eric Rohmer, nur ist Meine Putzfrau klüger und lustiger.
Thomas Friedrich
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