BÜCHER Bunte Platte Hanns-Josef Ortheil lobt das Durcheinanderlesen Ein bisschen selbstverliebt ist die Idee schon: Der echte Autor Ortheil erfindet eine Interviewerin, die den berühmten Schriftsteller Ortheil auf seinem Anwesen besucht, und beide Ortheils beeindrucken den Besuch mit erlesenem Geschmack an Weinen, Weichbildern und Weltliteratur. Ein Ortheil erzählt etwa, dass er 12 kleine Gebäude in seinem Stuttgarter Garten hat, und in jedem eine Bibliothek zu Themen wie Kochen, Geschichte, Schreiben, Lesen und so weiter. Man schnabuliert sich zwei Tage lang so durch, ein Ortheil kocht, der andere redet über durchaus interessante Themen. Dem Besuch bleiben meist nur ehrfürchtige Zwischenfragen ("Hat Goethe nicht ähnlich gedacht?"), und dem Leser fällt die Frage ein: Wenn der Ort der ästhetischen Auseinandersetzung, der Weltaufnahme und der Weltverdauung, so wichtig ist, sollte der Autor dann nicht den Namenswitz über Ort und Heil sofort machen? Ortheil weiß, dass es keine lesbare sinnvolle "Bücher, die man lesen muss"-Liste geben kann. Aber er findet die Idee einer persönlichen kommentierten Bibliothek so spannend, dass er angeblich mit dem Gedanken spielt, demnächst eine Buchhandlung aufzumachen, in der nur er die Regale füllt. Wer davon nicht träumt, hat von Büchern keine Ahnung. Das "Bücher-Menü in 12 Gängen" ist opulent. Eine Kalorientabelle könnte helfen. Oder ein Register. Andererseits: Es hält länger vor als einmal Gyros mit allem. Und ist billiger als einmal Sushi Run Away. Wing
Hanns-Josef Ortheil: Lesehunger. Ein Bücher-Menü in 12 Gängen. 238 S., Luchterhand, München 2009, 8,00
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