FANTASY-KLOTZ

Hässliche Helden

Stan Nicholls bricht eine Lanze für »Die Orks«

Es wurde ja auch mal Zeit, die ewigen Schlagetots des Genres zu Helden zu machen. Seit Tolkiens Ringelpietz metzeln sich Orks als fraglos fies von alters her durch ethisch höher stehendes Fleisch, seit Nicholls nun sieht die Sache differenzierter aus. Und manchmal grimmig lustig.
Eine kleine Kampfgruppe Orks, komplett mit zankenden Feldwebeln, bedächtigem Feldscher, verantwortlichem Kommandanten und kluger Adjutantin, gerät zwischen alle Fronten. Hier die Religionskriege der menschlichen Einwanderer (Unitarier gegen Polytheisten), dort die diversen Süppchen versprengter Ureinwohner-Rassen (Zwerge, Gremlins, Goblins, Trolle, Wassermänner), und im Hintergrund eine zauberische Schwesternschaft, die ihren Weg zwischen Bluttrinken und Blümchengießen sucht. Die mannigfachen Abenteuer des versprengten Häufleins lesen sich manchmal wie Landser-Garn, aber manchmal auch wie eine Parabel auf den pfleglichen Umgang mit der Natur oder die Behandlung von Leuten, die anders aussehen oder andere Küchengewürze benutzen als unsereins.
Eine ganze Trilogie lang (deutsch dankenswerterweise in einem Band) pflastern Leichen den Weg zu fünf magischen Artefakten, mit denen sich die abtrünnigen Söldner-Helden retten wollen; in immer kleinere Gruppen wird ihre Einheit zerschlagen - bis allmählich der Gegenentwurf zum Herrn der Ringe in eine orkische Art Science Fiction umkippt: es gibt einen Planeten, auf dem Orks in Frieden leben können, auch wenn sie vorerst nur im Pfeifen-Rausch von ihm träumen. Und weil Stan Nicholls Engländer ist, kann man zuweilen deutlich eine Zunge in der Backe mitlesen, auch wenn irgendeine eine böse Königin gerade einem Kopulationspartner das pochende Herz aus der Brust frisst. Huh.
WING
Stan Nicholls: Die Orks. Aus dem Englischen von Christian Jentzsch. Heyne, München 2002, 800 S., 15.,- EU ISBN: 3453863712