AUSLÄNDER Unbegabte Nazis Nicht schön: Als Österreicher unter Deutschen Als der österreichische Journalist Michael Ziegelwagner von Wien nach Frankfurt am Main übersiedelte, rechnete er mit dem Schlimmsten. Denn Deutschland hat keinen glänzenden Ruf in seinem kleinen Nachbarland. Schon auf der ersten Seite erklärt Ziegelwagner warum: "Es lässt sich behaupten, dass wir mit den meisten unserer Nachbarstaaten gut auskommen. Ein Land nur, ein einziges, bleibt uns fremd: der riesenhafte, unheimliche Staatsklotz im Norden." Allerdings werden auch die Ösis kräftig durch den Kakao gezogen, wenn der Satirepreisträger und Titanic-Redakteur aus dem Nähkästchen plaudert. Ein Narr wer etwas anderes erwartet hätte. Spielerisch klären sich anhand von kleinen Geschichten essentielle Fragen, die seit Unzeiten zwischen beiden Völkern im Raum stehen. Wem gehört Hitler wirklich? Und warum sind die Deutschen die unbegabteren Nazis? Welches Volk liebt den Tod mehr? Und warum hilft die (erzkonservative) Kronen Zeitung bei Heimweh? Manchmal etwas polternd, gern mit spitzer Zunge, aber auf jeden Fall unterhaltsam ist dieses kleine Buch ein wunderbares Sammelsurium an Vorurteilen und Ressentiments zwischen zwei Völkern, die einander gar nicht so unähnlich sind. Sybille Lengauer
Michael Ziegelwagner: Café Anschluss. Atrium, Zürich 2011, 159 S., 18,-
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