ÖKONOMIE Schmierstoff Peter Maas erzählt Geschichten vom Erdöl Im Golf von Mexiko fließt im Moment nicht nur zu viel Öl ins Meer, auch mit der Glaubwürdigkeit der Branche geht's bergab: Die US-Regierung will jetzt erst bemerkt haben, dass Schutz-Vorschriften gut 10 Jahre lang mit Duldung der Behörden umgangen wurden. Wenn sich ein Öl-Multi in den USA so aufführen kann, bekommt man eine Ahnung, was sich in sogenannten Dritte Welt-Ländern abspielt. Der Reporter Peter Maas hat unter dem Titel Öl - Das blutige Geschäft seine Artikel zusammengefasst, die in den letzten 10 Jahren zum Thema entstanden und die alle vom wichtigsten Schmierstoff der Ökonomie handeln. Maas fuhr nach Nigeria ins Niger-Delta, wo sich die Einheimischen einen Krieg mit der Regierung und dem Öl-Konzern liefern, der ihre Lebensgrundlage zerstört. Er reiste nach Äquatorialguinea, einer der schlimmsten Öl-Diktaturen, wo der Präsident samt Sippschaft direkt von den Multis bezahlt wird. Er fuhr nach Saudi-Arabien und versuchte herauszubekommen, warum Öl immer nur wenige reich macht. Wie fast jeder Rohstoff-Abbau ist die Gewinnung von Öl kein arbeitsintensiver Geschäftszweig. Die Ölfirmen bringen meist ihre eigenen Leute, eigenes Know How, sogar ganze eigene Wohnsiedlungen mit. Für die Bevölkerung vor Ort gibt es keine Jobs (außer in den anliegenden Bars), die politische Führung wird durch üppige Appanagen befriedet. Noch in den 70ern kostete ein Barrel Öl zwischen 3 und 12 Dollar, inzwischen lag der Preis schon bei 147 Dollar. Das sanierte marode Volkswirtschaften wie die Russlands und erzielte in Venezuela kurzfristige Erfolge bei der Armutsbekämpfung. Fällt der Ölpreis, sind beide Volkswirtschaften im Eimer. Neben den Banken (die bei Maas seltsamerweise mit keinem Wort erwähnt werden; der spekulative Anteil am Ölpreis kommt bei ihm nicht vor) sind die Öl-Konzerne, vor allem die verstaatlichten, heute die mächtigsten Operatoren im globalen Geschäft. Kein Wunder, dass sie ähnlich wie die Börsengurus keine Moral und kein Halten kennen, wenn es um ihre wirklich märchenhaften Profite geht. Der Irak-Krieg des Öl-Mannes Bush sollte vielleicht die dortigen Ölressourcen sichern; er setzte vor allem einen famosen Öl-Preisanstieg in Gang, der zwar die Volkswirtschaften erdölimportierender Länder beschädigt, die Öl-Multis und ihre Vorstände jedoch reich machte. Wie wenig der Bande beizukommen ist, zeigt das Beispiel des bisher schlimmsten Tankerunglückes, der Exxon Valdez 1989 vor Alaska. Mit viel Trara und Tamtam wurde der Konzern danach zu Schadensersatzzahlungen in Milliardenhöhe verdonnert. Das sah in der Öffentlichkeit gut aus, jedenfalls besser als der schwarze Dreck, der in Alaska an die Ufer schwappte und heute immer noch dort ist. Weniger öffentlich war der Widerspruch des Konzerns, der sich so lange durch alle Instanzen zog, bis 2006 (!) endlich ein abschließendes Urteil gefällt wurde: Lächerliche 500 Millionen Dollar musste Exxon zahlen; der Jahresgewinn (!) des Multis lag 2008 bei gut 40 Milliarden Dollar. Erich Sauer
Peter Maas: Öl. Das blutige Geschäft. Aus dem Amerikanischen von Harald Stadler. Droemer, München 2010, 352 S., 19,95
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