FREUNDINNEN

Anti-Christa

Amélie Nothombs Novelle »Böses Mädchen«

Es passiert nicht viel: die Erzählerin Blanche, 16jährig und frisch an der Uni, hat zum ersten Mal eine Freundin, Christa. Während Blanche eher ein Mauerblümchen ist, unbeachtet und schwer unter dem eigenen Körper leidend, ist Christa eine Königin, eitel, schwatzhaft, beliebt. Fast wie ein Unfall entwickelt sich die Geschichte: Christa zieht bei Blanche respektive deren Eltern ein. Und fortan ist Blanche sogar für ihre Eltern unsichtbar, Christa steht im Mittelpunkt und übernimmt nach und nach die Rolle der Tochter, die plötzlich entdeckt: Christa ist keine Freundin, sondern Antichrista, das Böse schlechthin, das sie verderben will.
Bis hin zur schwächlichen Schlusspointe ist das eine nett geschriebene Geschichte. Man langweilt sich nicht, aber der Kick, der sich ansonsten bei Amélie Nothombs boshaften Geschichten einstellt, fehlt völlig. Es gibt keine überraschenden Wendungen, keine Abrgründe, nur die konventionell erzählte Geschichte einer gar nicht so untypischen Freundschaft: der eine führt, der andere wird vorgeführt.
Das erstaunlichste an diesem Buch ist sein Preis: durch großzügige Typografie auf 139 Seiten hochgejubelt, will der Verlag 17,90 für das schmale Bändchen. So gut ist Böses Mädchen wirklich nicht.
Victor Lachner
Amélie Nothomb: Böses Mädchen. Aus dem Französischen von Brigitte Große. Diogenes, Zürich 2005, 139 S., 17,90 ISBN: 3257064713