PROVINZHELDEN Schwester Jesu Michael Gantenberg hat einen netten Unterhaltungsroman geschrieben Das Leben von Paul Elmar Litten, oder Paul Elmarrr, wie seine Frau ihn nennt wenn's Ärger gibt, ist nicht gerade spannend: er ist Lokalredakteur der Tageszeitung von Muenden, eine kleine Stadt in Ostwestfalen. Auf seinem Kalender stehen Termine wie "Besichtigung des neuen Waldlehrpfades". Doch seit er mit dem Herausgeber vereinbart hat, unter dem Pseudonym Bella Gabor einen Fortsetzungsroman zu schreiben, der für mehr Leser sorgen soll, kommt Schwung in sein Leben. In dem Roman geht es um die Messias, keine geringere als die Zwillingsschwester Jesu. Als Gottestochter ist sie zwar unsterblich, aber hat ansonsten dieselben Probleme wie die moderne Frau von heute, also: Männer und einige Kilos zu viel auf den Hüften. Littens Herausgeber ist von der Aufmerksamkeit, die der Roman erzielt, begeistert. Unaufhaltsam nimmt die Messias Einfluss auf Littens Umfeld und findet vor allem weibliche Anhänger, während die katholische Kirche "Blasphemie!" ruft. Eine solche Resonanz hätte der Redakteur nicht erwartet, denn in erster Linie schreibt er die Geschichte für seine dauergestresste Frau. Michael Gantenberg ist unter anderem Entwickler der Serien Alles Atze und Nikola und erhielt bereits für die Serie Ritas Welt den Grimme-Preis. Sein Roman Neu-Erscheinung spielt mit Alltags- und Situationskomik und mit Figuren, in denen jeder jemanden aus seinem eigenen Umfeld wiedererkennen kann. Leider fehlt dem Roman etwas von der Komik der Drehbücher. Die Geschichte des Folgeromans, der immer wieder zwischen die Erlebnisse des Lokalredakteurs geschoben wird, ist etwas zu flach, und wie in einem echten Zeitungsroman möchte man auch hier manchmal lieber weiterblättern. Janne Hiller
Michael Gantenberg: Neu-Erscheinung. Scherz, Frankfurt a. M. 2009, 288 S., 13,95
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