SYSTEMSCHOCK
Cyber-Killer
Lutz Dammbeck über den Unabomber
Der Autor ist Künstler, und sein Buch ist eigentlich ein Film. Deshalb wohl ist es auch so unbefriedigend geraten, vorne große Erwartungen weckend, hinten ermüdend eigenbrötlerisch; und am Ende hat man das deutliche Gefühl, über das Thema sollte mal einer ein Buch schreiben.
Ungefähr mit diesem Gefühl stolperte Lutz Dammbeck in seinen Dokumentarfilm Das Netz. Er wollte mit ein paar Computerpionieren darüber reden, warum die moderne vernetzte Welt scheinbar komplett von Hippies, Drogen-Päpsten, Öko-Beatniks, Künstlern und Delphinforschern erfunden wurde. Und dass Ted Kaczynski, erst Mathematiker dann Aussteiger, 15 Jahre lang Briefbomben an führende Köpfe der Vernetzung schickte (3 Tote, viele Verletze).
Warum wird ein Mathematiker Terrorist? Warum greift er nur Unis und Airlines an (daher der FBI-Code "Una-Bomber")? Und warum können die betroffenen Ex-Avantgardisten darin nicht den Ausdruck einer Revolte sehen? Steckt ein System hinter allem?
Dammbeck fängt noch während des Filmdrehs einen Briefwechsel mit dem inhaftierten Kaczynski an, und der schreibt für ihn sein Manifest "Die industrielle Gesellschaft und ihre Zukunft" neu. Das nimmt den Hauptteil des Buches ein ohne sehr viel mehr zu sagen als: die industrielle Gesellschaft ist nicht zu retten, die amerikanische Linke ist seelisch schwer gestört, ohne beide sind alle besser dran.
In den Interviews und Kommentaren der Film-Dokumentation, in den eingestreuten Briefen und dem angehängten Manifest finden sich allerlei spannende InformationsBröckchen, sogar Kenner der Frühgeschichte der Kybernetik können noch etwas lernen, aber zum behaupteten gemeinsamen Thema Kaczynksi & die Cyber-Elite kommt nichts haltbares heraus. Trotzdem, wer nach "Matrix Reloaded" das Philosophieren am Computer-Stammtisch aufgegeben hat, kann jetzt wieder auf dem Stand von "23" damit anfangen.
WING
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