ÜBERWEISUNGSTRÄGER
Die Bänker der SS Geldgeschäfte der Nazis wickelten vor allem die Deutsche und die Dresdner Bank ab »Ziel der Arisierungsaktion muss es sein, das jüdische Element aus dem Geschäftsleben zu verdrängen.« (Papier der Deutschen Bank, 2.11.1938) Dass aus Nazi-Deutschland nichts geworden ist, liegt wohl weniger daran, dass oder ob der Führer ein Irrer war. Die Vorliebe der Deutschen für Bürokratie, Macht und Kontrolle schuf einerseits einen beängstigenden Apparat staatlicher Aufsicht. Weil die, die ihn leiteten, aber großteils Pfeifen und eitle Blindgänger waren (genau wie ihr Führer), fraß der Apparat sich selbst. Die Deutschen schufen zwar diverse Behörden zur ordentlichen Ausrottung der Völker Europas, das macht ihnen keiner nach. Weil diese Behörden sich aber nicht einigen können, wer für's Erschlagen welcher Volksgruppe und vor allem für das Einsammeln der zurückgelassenen Wertsachen zuständig sei (und auch das macht den Deutschen niemand nach), wurde nichts daraus. Wie die Geier stürzten sich deutsche Wirtschaftsbosse und solche, die es noch werden wollten, auf jüdisches Vermögen: die Kaufhauskonzerne Horton, Neckermann, Quelle und Hertie sind alle das Ergebnis von "Arisieriungen", also Zwangsenteignungen von ehemals jüdischen Betrieben, deren Besitzer unter Androhung von Gewalt gezwungen wurden, für einen lächerlichen Betrag an "arische" Kaufleute zu verkaufen. Immer mittendrin: Die Deutsche und die Dresdner Bank, zwei den Nazis herzlichst zugetane Geldinstitute, die auch für Heinrich Himmler (ein ehemaliger Hühnerzüchter) und dessen SS tätig waren. Der Journalist Peter-Ferdinand Koch hat in Die Geldgeschäfte der SS nicht nur den großen Stil der Institute aufgezeichnet, die allgemeine Linie, die dafür sorgte, dass deutsche "Volksgenossen" und deutsche Banken am verordneten Elend der Juden verdienten. Koch schildert auch die Schäbigkeit im Kleinen, die miese Rachsucht, Denunziationslust und Raffke-Mentalität: Da wurde der SS mitgeteilt, dass letzte Woche noch ein jüdischer Kunde am Geldschalter gesichtet worden sei (den man, so die Bank devot, wohl vergessen habe zu deportieren). Oder: die Dresdner Bank hatte nach der Übernahme eines jüdischen Geldhauses dem ehemaligen Inhaber eine - geringe - Pension gezahlt. Als der Mann, über 70jährig, schließlich deportiert wird, befiehlt eine Hausanweisung, ihm die Kündigung seiner Pension nachzuschicken - da aber mit einer Nichtzustellbarkeit dieser Benachrichtung zu rechnen ist, sei die Bescheinigung über die Benachrichtigung zu den Akten zu nehmen. Die SS organisierte ihre Wirtschaftsbetriebe in einer Holding, in der Verluste ausgeglichen werden sollten. Weil die meisten Betriebe aber von Amateuren geführt wurden, gab's durchweg zu viele Verluste. Richtig profitabel wurden Unternehmungen nur für die Privatwirtschaft, die mit der SS zusammenarbeiteten, schon weil die billig Zwangsarbeiter auslieh. So war die "Hunsa GmbH" zuständig für die "Förderung der Forschung auf dem Gebiet des Nahrungsmittelwesens", finanziert von der Dresdner Bank und unterstützt vom Pudding-Mischer August Oetker ("Ich bin ein Nationalsozialist des Herzens"), dessen Firma sich damals vornahm, "die Zukunft Großdeutschlands für immer zu sichern". Damals bosselten Oetker und Konsorten noch nicht an Tiefkühlpizze oder Speiseeis, sie buken Brot aus Stroh und rührten Suppen aus Insekten an, deren Nährgehalt sie an den KZ-Häftlingen der SS testen durften. Neben der Dresdner war vor allem die Deutsche Bank eine Stütze des Regimes. Im Januar 1938 hatte die Zentrale ein Papier an alle Filialen verschickt, in dem um Aufstellung gebeten wurde, welche Juden noch Konten bei der Deutschen Bank führten und welche "jüdischen Betriebe" für "Arisierungen", also Zwangsenteignung, in Frage kämen. Und wo man schon mal dabei war, wollte man von allen Filial-Mitarbeitern wissen, ob noch andere "Juden-Firmenö für Enteignungen bekannt seien, die noch nicht von der Deutschen Bank betreut wurden, wobei unter "Jude" jeweils "ein Jude" zu verstehen sei, "sodass eine Aktiengesellschaft als jüdisch gilt, wenn ihrem Vorstand ein Jude angehört." Nach diesem Prinzip ließ sich prächtig Geld verdienen. Die Geschädigten, die unterschreiben mußten, dass sie ihren Besitz "freiwilligö abtraten, hatten nach dem Krieg große Schwierigkeiten, wegen der angeblichen Freiwilligkeit, wenigstens einen Teil zurückzuerhalten. Die Banken hatten dieses Problem nicht: allein an den Überweisungsgebühren der Zwangsarbeiterentlohnungen wurden 6 Mio Reichsmark verdient. Erich Sauer
|
Peter-Ferdinand Koch: Die Geldgeschäfte der SS. Wie deutsche Banken den schwarzen Terror finanzierten. Hoffmann & Campe, Hamburg 2000, 288 S., 39,90 DM |