NARRETEI Ein Narr erinnert sich Christopher Moore dreht König Lear durch den Wolf Die größere Hälfte der Leser kennt Christopher Moore als Autor witziger Romane über Vampire oder die Bibel, die kleinere weiß, dass König Lear von Shakespeare stammt. Nur ganz wenige wissen, dass amerikanische Autoren immer insgeheim noch einen Strauss mit dem englischen Genie auszufechten haben. Und dann bleiben noch etliche, die es lustig finden, sich Wörter wie "Pimmel", "Hupen" oder "brestige Möse" literarisch zuzuführen. Christopher Moore erzählt in Fool das Shakespeare-Drama noch einmal neu, aus der Sicht von Lears Hofnarren Pocket. Und er pumpt auf den ersten Seiten so viel Schweiß, Sperma und andere Körperflüssigkeiten durch die Story, dass man vor jedem Umblättern duschen möchte. In Rückblenden entwickelt sich derweil die Lebensgeschichte des Narren. Der erhielt seine Ausbildung in einem Nonnenkloster, wo er einer eingemauerten Eremitin Essen brachte und durch den Mauerschlitz viel über das Leben lernte. Moore folgt locker dem klassischen Stoff und führt uns den Narren als ebenso schwanz- wie kopfgesteuert vor. Er versucht, das Lear-Desaster auszureiten, er versucht, Hexen und Herzöge gegeneinander auszuspielen, er will Cordelia, die verstoßene Tochter Lears, gern für sich, und er denkt sich immer neue genitale Metaphern aus, die den Übersetzer arg fordern. Manchmal ist Moore aber auch nur albern und lässt eine Truppe Wanderschauspieler mal kurz "Hamlet aus Lönneberga" ankündigen, bevor der Narr sie vom Hof jagt, weil sie nur feste Texte wiederkäuen, er aber stets improvisiere. Und dann wird es doch noch eine richtige Liebesgeschichte. Und der Narr wird König. Da wäre Shakespeare gern selber drauf gekommen. Wing
Christopher Moore: Fool. Übersetzt von Jörn Ingwersen. Goldmann, München 2010, 352 S., 8.99
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