BAD KLEINEN
Fehler im System
Butz Peters hat zu den zwei letzten Toten der RAF keine Fragen mehr
Am 27. Juni 1993 erschoss sich Wolfgang Grams selbst. Und kurz nach ihm verblutete Michael Newrzella, das letzte Opfer der sogenannten Dritten Generation der deutschen Terrorgruppe RAF. Davon ist Butz Peters, Rechtsanwalt und Ex-Aktenzeichen XY-Moderator, überzeugt.
In seinem mittlerweile dritten Buch über die RAF konzertiert sich Peters darauf, den "Mythos" zu zerstören, Wolfgang Grams sei von einer Gruppe desorganisierter GSG-9-Beamter erschossen, wenn nicht gar hingerichtet worden. Noch immer, ärgert er sich, gelte der Vorfall von Bad Kleinen als "ungeklärt". Noch immer verdunkelten offensichtliche Unwahrheiten im Volksglauben, in den Medien und in Romanen und Filmen die einfache Wahrheit: Ein großer Fahndungserfolg (ein V-Mann brachte zwei Top-Terroristen in die Zugriffs-Zone) wurde wegen Schlamperei zu einer Schießerei, Grams traf Newrzella, 5 GSG-9-Kugeln verletzten Grams, und der erschoss sich selbst.
Richtig ist wohl, dass die damals bei Monitor und Spiegel zitierten Augenzeugen für eine Hinrichtung unglaubwürdig sind. Hans Leyendecker, damals Spiegel-Autor, deckt seine Quelle aus prinzipiellen Gründen noch heute, hält aber seine schlecht recherchierten Berichte inzwischen für seinen journalistischen GAU. So zitiert ihn Butz Peters und findet es unmöglich, dass sich der Spiegel nie öffentlich dafür entschuldigte.
Überhaupt scheint Peters den Medien mehr Schuld am Mythos zu geben als den katastrophalen Ermittlungspannen. Immerhin erwähnt er, dass Beweismittel verschwanden und andere, versehentlich, manipuliert wurden. Richtig ist wohl, dass es keine guten Indizien für einen "Staatsmord" gibt. So urteilte auch der europäische Menschenrechts-Geric^htshof. Richtig ist aber auch, dass "keine Hinrichtung" noch kein Beweis für "Selbsttötung" ist.
Statt alle Unklarheiten sauber herauszupräparieren, greift Peters mit vielen Wiederholungen ganzer Passagen den "Medienskandal" an. Aber dass ein Innenminister, ein Bundesanwalt und ein BKA-Chef nach Bad Kleinen ihren Job verloren, geht nicht auf journalistische Pannen zurück, sondern darauf, dass die Medien herausfanden, welche Fehler der Staatsapparat machte.
WING
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