FREAK-SHOW
Garp in Schwarz
Dick, dreist und dropped out: Lavalles »Monster«
Über die Hautfarbe des Autors Victor Lavalle ist nichts bekannt. Über seinen Lebenslauf nur so viel: geboren 1972 in Queens (nicht die beste Adresse), Literatur-Professor an der Columbia University, nach einem Kurzgeschichtenband ("Slapboxing with Jesus") erst ein Roman - eben dieser: "The Ecstatic".
Der handelt von einem sehr dicken (315 Pfund), noch jungen (23) Schwarzen namens Anthony, den nicht nur seine Familie (besonders Schwester, Mutter und Oma) für ziemlich duchgeknallt hält.
Er putzt gern nackt anderleuts Wohnungen, er schreibt ein Lexikon der schlechtesten Horror-Filme, und er schwankt in einer Kette von selbsterzählten Episoden, die keine Handlung ergeben, zwischen der drastischen Feier jeder Absonderlichkeit und kleinen kritisch-kitschigen Zuckerperlen: "Meine Schwester wich zum Unterhaltungsregal zurück und legte die Hand auf den Fernseher. Als könnte ihr das Gerät mehr Wärme geben als ich."
Die Absicht ist überdeutlich unkorrekt politisch. Lavalle will ein Art afroamerikanischen "Garp und wie er die Welt sah" etablieren. Das wilde Mittelschicht-Kasperltheater leidet allerdings etwas darunter, dass es gar keine Normalität zu geben scheint, gegen die das Monster stoisch rebelliert. Anders als in den etwa 200, vermutlich völlig frei erfundenen Trash-Horror-Filmen, über die Anthony treffende Analysen schreibt.
Seine eigene Geschichte wirkt, als verfilme der frühe Peter Jackson die Bill Cosby Show. Und Viktor Lavalles etwas zu dickes Buch wirkt auch auf deutsch, weil Klaus Modick eine rasante Übersetzung hinlegt, der man keinerlei Fremdsprachigkeit anmerkt.
Er braucht nur 6 Übersetzer-Anmerkungen am Ende; jeder VHS-Lektüre-Kurs würde 600 vorab brauchen, um dieses Monster in den richtigten Hals zu kriegen.
WING
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