FANTASY

Das ewige Garn

Walter Moers spinnt weiter an seinem Drachenland

Einerseits wird Walter Moers als "erfolgreichster deutscher Autor des letzten Jahrzehnts" behudelt, etwa von der FAZ. Andererseits hat er mit drei Verlagen für sechs Bücher auch schon fast einen Wechselrekord aufgestellt. Einerseits kommt nicht mal Wikipedia damit nach, das Werk und seine Folgen im Fandom und im Web halbwegs aktuell zu beschreiben. Andererseits hat es die Literaturwissenschaft bisher erst zu einer Studie gebracht. Und die für 2006 angekündigte Verfilmung ist verschollen.

Schließlich geht es im Grunde gar nicht, ein Buch mit dem Titel Das Labyrinth der träumenden Bücher als Hörbuch vorzulegen, zumal dessen erste Seiten ausführlich dem Leser davor Angst zu machen vesuchen, dass die Seiten, in denen er gerade blättert, mit einem Kontaktgift bedruckt seien und man sich nur durch sofortiges Zuklappen vor dem Tode retten könne. Aber irgendwie passen solche Inkonsistenzen zu Moers' Humor, der viel mit albernen Adaptionen aus Groß-und Trivialliteratur, ironischen Brechungen und unerklärten Widersprüchen arbeitet. Und ellenlangen Aufzählungen und Abschweifungen.

So gibt Moers etwa seit Jahren schon vor, nur der Übersetzer des sentimentalen Dinosauriers Hildegunst von Mythenmetz zu sein, der in der fernen Parallelwelt Zamonien an seiner 25bändigen Autobiographie als Genie schreibt, von der "Das Labyrinth" nun gerade mal einige Kapitel aus einem späteren Band enthält, während der Vorgänger "Die Stadt der träumenden Bücher" die Einleitung zum ersten gewesen sein soll. Der poetische Lindwurm protzt recht selbstironisch als Großschriftsteller herum, pudert sich mit der Verehrung seiner Zeitgenossen und weiß doch, dass er längst keinen neuen Gedanken mehr hat und weit unter seinem Niveau schreibt. Ob Moers damit Moers meint?

Mythenmetz jedenfalls wird Jahrhunderte nach seinem Aufenthalt in der Stadt der träumenden Bücher von einem Brief und einem Kakao-Schluckauf rabiat zurückgerufen an den Ort seines größten Abenteuers. Da passiert wieder allerhand, die seltsamsten Wesen tauchen auf und gehen vorbei, und immerhin deutet die zamonien-traditionell als Groteskensammlung ohne moderne Dramaturgie angelegte Quest an, dass ganz tief unten bei den träumenden Büchern das Schicksal der ganzen erfundenen Welt auf dem Spiel steht.

Das funktioniert in der ungekürzten Hörbuchlesung trotz gattungstheoretischer Einwände ganz gut, weil Andreas Fröhlich als Dichterdrache uns mit seiner Stimme mühelos über alle Längen hinweg trägt.

Wing
Walter Moers: Das Labyrinth der träumenden Bücher. Audio-CD, 882 Min. Der Hörverlag, München 2011, 39,99 (Auch als Mp3-CD 29,99, Download 24,95, geb. Buch Knaus, München 2011, 432 S., 100 Ill., 24,99)