Schnappschüsse

Grüße von Gestern

Klaus Modick beschreibt biedere Zeiten

Noch nicht so richtig Mann, aber als Jungen sieht er sich auch nicht mehr; Markus kommt in die Pubertät. Diese schlimme Zeit muss er Anfang der 60er Jahre in der norddeutschen Provinz durchleben. Die Wirtschaftswunderjahre haben die Erinnerungen an den Krieg ein wenig verblassen lassen, es wird wieder konsumiert, Familien wohnen notgedrungen mit mehreren Generationen unter einem Dach, und wenn da noch etwas frei ist, wird das an Handelsvertreter vermietet.

Markus macht das Beste aus seiner Situation, verbringt für ein paar Pfennige ganze Nachmittage auf dem Rummel und gewinnt eine Fotokamera, mit der er von nun an sein Leben dokumentiert. Und das erfährt eine wunderbare Wendung, als im Nebenhaus - "Schandfleck" genannt, weil vom Krieg gezeichnet und nur provisorisch gekittet - ein Mann und dessen Tochter und kleiner Sohn einziehen. Das Problem: Sie kommen aus Italien. Italien, wo Omas Lieblingssohn im Krieg gefallen ist. Trotzdem verliebt sich Markus Hals über Kopf in Clarissa, die Tochter des Italieners, der bald eine Eisdiele eröffnen will.

Natürlich ist das mit dem Verliebtsein gar nicht so einfach. Die Angebetete soll einerseits erfahren, dass sie eine Angebetete ist, andererseits ist man als Pubertierender nicht gerade ein selbstbewusster Draufgänger. Umwege, Tricks und Geheimnistuereien müssen also herhalten bis Markus an sein Ziel kommt. Zwischendurch fotografiert er immer wieder Stationen seines beschwerlichen Weges. Immer im Hinterkopf, dass in der Welt der Kalte Krieg tobt, eine Mauer gebaut wird und Kennedy sein Bestes gibt, um einen 3. Weltkrieg zu verhindern.

Klaus Modick hat sich eine einladende und ereignisreiche Zeit der bundesdeutschen Geschichte ausgesucht. Fast ein bisschen zu penibel streut er auf jeder Seite zeittypische Schlagertitel, Filme, Haushaltsgegenstände, Autonamen und politische Ereignisse in seinen Roman, um ihn in dieser Zeit zu verorten.

Die Geschichte will nicht so recht in die Puschen kommen. Das bleibt alles so bieder, wie die Zeit anscheinend war. Am Ende steht das Bild vom ständig mit seinen Erektionen kämpfenden Markus, der so gern ein Mann wäre, aber wahrscheinlich noch ein paar Jahre warten muss.

Sacha Brohm

Klaus Modick: Klack. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013, 221 S., 17,99