HUMOR

Reich ins Heim

Vom Loser zum Lackschuh: Tommy Jauds »Millionär«

Simon Peters ist schon wieder da. Kaum holte der schwer gebeutelte Vollidiot aus Jauds erstem Roman in Gestalt von Oliver Pocher an der Kinokasse knapp 800.000 Zuschauer ab, taucht er als Millionär auf allerlei Buch-Bestsellerlisten auf. Dort war Jauds Zweitling Resturlaub auch schon längere Zeit zu Gast, und die Literaturkritik wunderte sich, wie denn die kerlige Antwort auf den Frauenroman mit so wenig Inhalt zu so viel Resonanz kommen konnte. Und warum, verdammt, man sich damit so gut unterhalte.
Nun also Vollidiot II und Jaud III: Herr Peters ist weiter arbeitslos, hat aber einen vollen Tag. Mit erfundenen Beschwerden über Produkte des täglichen Bedarfs schnorrt er sich durchs Leben. Die Tütensuppe schmeckt nach Papagei, das Klopapier reißt an der falschen Stelle, das SMS-Wörterbuch kennt "Arschkrapfen" nicht ... der Furor des Hartz IV-Empfängers gegen die Beleidigungen des Alltags kennt kein Halten. Und wenn die Multis keine Warenproben als Wiedergutmachung schicken, dann freut sich zumindest das Gewissen darüber, die Welt ein bisschen verbessert zu haben.
Bloß blöd, dass erstens eine Call-Center-Sachbearbeiterin Herrn Peters Nörgelei durchschaut und wegen ihrer Cleverness verwirrende romantische Interessen auslöst, und zweitens eine Edel-Schnepfe über Simons Wohnung einzieht und mit Designer-Möbel-Rücken und Jet-Set-Getue den Loser ernstlich nervt.
Da beschließt er, Millionär zu werden, das Haus zu kaufen und die Tusse raus zu werfen. Er besucht ein Existenzgründer-Seminar und findet es zum Speien, er parodiert mit seinen Geschäftsideen den YouTube-Irrwitz, und weil er echte Internet-Adressen in die Handlung einbaut, könnte Simons Peters Millionärwerdung sogar als Multimedia-Kunstwerk reüssieren. Wenn dem alten Comedy-Hasen Tommy Jaud (Wochenshow; Ladykracher) nicht das Feuilleton schnurz wäre. Das Hörbuch zum Roman gibt's natürlich auch schon. Das geht in Ordnung. Nur, bitte, verfilmt es nicht.
WING
Tommy Jaud: Millionär Scherz, Frankfurt 2007, 305 S., 13,90