LINKER QUARK

Global dagegen

Maria Mies beschreibt den »Krieg ohne Grenzen«

Wer eine neoliberale Wirtschaftsordnung will, kommt um Kriege nicht herum. Das ist im wesentlichen die These der Kölner Professorin Maria Mies, im übrigen eine Theorie-Ikone der ökofeministischen Szene und seit Jahren in Schriften und Seminaren als Globalisierungsgegnerin unterwegs.
Dass die These nicht ganz falsch ist, kann man sogar ihrem Buch Krieg ohne Grenzen entnehmen, wobei man eine Menge Schlampereien, Zynismus und Glaubenssätze beiseite schaufeln muss.
Die Schlamperei beginnt mit dem angeblichen Beginn des Neoliberalismus: der liegt bei Mies mal exakt bei 1989 (warum wird nicht erklärt), mal "in den 80ern" (da ist es der Thatcherismus), mal 1973, was richtig ist, denn da durften die Chicago-Boys des Milton Friedman in Chile erstmals nach Herzenslust "neoliberal" wirtschaften. Ein derart präzise lokalisierter Feind fuhrwerkt im folgenden denn auch wild in der Gegend herum: Kosovo, Afghanistan und Irak I und II sind für Mies die Paradebeispiele für neoliberal inspirierte Kriege - wer mit derart weitmaschigem Netz im Trüben fischt, kann sich um Details nicht kümmern. Dass es etwa - wenn auch nur als Nebeneffekt - in Afghanistan auch um die Befreiung der Frauen aus ihrem Elend ging, blockt Mies kühl ab, denn statt Burka komme ja bestenfalls westliche Pornografie: "Nach dem Sieg der USA über die Taliban tauchten in Kabul sofort (sic!) westliche (!!) Filme mit ,modernen' Frauenbildern auf, das heißt (!!!) mehr oder weniger pornografischen Darstellungen von Frauenkörpern." - mit sowas im Kopf wird man in Deutschland tatsächlich Professorin.
Wie "Globalisierung" funktioniert (nämlich im wesentlichen einseitig: die Dritte Welt muß ihre Märkte öffnen, wir erheben im Gegenzug Schutzzölle) ist bei Frau Mies halbwegs präzise nachzulesen, die Analyse, dass die neue NATO-Doktrin (wir hauen überall zu) gut dazu paßt, auch. Der Rest klingt oft wie abgestandene DKP-Parolen ("Immer mehr Menschen sind gegen den Krieg" - erzähl!) oder ist falsch. Wenn sie seitenweise die "Ramboisierung" der westlichen Männer beklagt und beschreibt, wie sehr der Film "Rambo" dem gebrochenen Mannesstolz wieder aufs Pferd geholfen habe, weiß man: den Film kann sie nie gesehen haben. Erstaunlich ist auch, ein Buch über Mechanismen der Globalisierung zu verfassen, in dem das Wort "Börse" nicht einmal vorkommt.
Frau Mies ist eigentlich gegen jeden Handel, der über die persönliche Bedürfnisbefriedigung hinausgeht. Das steht nicht in diesem Buch, aber in anderen. Auch weil sie das verschweigt, ist Krieg ohne Grenzen ziemlich verlogen. Wer aus Überzeugung Nichtschwimmer ist, sollte nicht über die Hose des Bademeisters meckern.
Erich Sauer
Maria Mies: Krieg ohne Grenzen. Die neue Kolonisierung der Welt PapyRossa, Köln 2004, 227 S., 14,80 ISBN: 3894382864