FANTASY
49 Tode A. Lee Martinez schickt »Die Kompanie der Oger« zum Brüllen Der Held dieser Geschichte ist tot. Genauer: Er ist tot gewesen. 49 mal schon ist "Never Dead Ned" gestorben, meist aus Dusseligkeit und auf ziemlich garstige Weise. 49 mal schon ist er von den Toten wieder auferstanden, aber hat auch nicht den Anflug eines Jesus-Komplexes. Ned verkrümelt sich lieber als Buchhalter in irgend eine Schreibstube, um mal ein paar Tage nicht zu sterben. Blöd bloß, dass wir hier in einer Fantasy-Welt voller Monster sind und die Schreibstube zu einer multiethnischen Armee voller Kobolde, Orks, Oger, Elfen und dergleichen Fabelwesen mehr gehört. Neds Chef etwa ist ein Greif, der Kommafehler im Budget-Plan gerne mit Kopfabbeißen ahndet. Nach seinem Debüt Diner des Grauens, das versoffene Werwölfe und feige Vampire in einer amerikanischen Provinz-Gegenwart das Ende der Welt verhindern ließ, schickt A. Lee Martinez nun alle Heerscharen der Tolkien-Welt ins Verderben. Und er parodiert sehr schön die amerikanische Military-Fiction. Denn Ned, der nicht umzubringende Versager, wird Kommandant der rettungslos vergammelten Oger-Kompanie am Rande des Nirgendwo. Seine Offiziere lebten bisher dafür, ihre schnell wechselnden Vorgesetzten umzubringen, um die eigene Karriere zu fördern. Erst Ned schmiedet durch Nettigkeit und Unvermögen seinen verlotterten Haufen zusammen. Und dann kommt raus, dass Ned im tiefsten Inneren eine Art Teufel ist, der nur durch ständige Wiedergeburt daran gehindert werden kann, das ganze Universum mit Menschen, Dämonen, Göttern und Geiern zu vernichten. Martinez kriegt den großen Atem ebenso hin wie kleine Beiseite-Witze. Er ist blutiger als Terry Pratchett und viel komischer als Howard Lovecraft. Und er präsentiert komische Erfindungen (einen Zauberer mit Magie-Allergie) in dem Wissen, einen Sekundär-Roman geschrieben zu haben, der nur funktioniert, wenn die Leser mindestens 49 grausame Tode auf anderen Schlachtfeldern überlebt haben. WING
A. Lee Martinez: Die Kompanie der Oger. Aus dem Amerikanischen von Karen Gerwig. Piper, München 2007, 416 S., 9,95 |