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Michio Kaku spekuliert über die "Physik des Bewusstseins"

Noch in den 50er Jahren waren Zukunftsforscher und andere Professoren sicher, dass wir im Jahr 2000 mit selbstlernenden Autos durch die Lüfte fliegen, zum Shoppen mal eben zum Mars hoppen und unsere Nahrung nur noch per Kanüle zu uns nehmen würden.

Von ähnlicher Spekulationsfreude ist der amerikanische Physiker Michio Kaku beseelt, der in einer eigenen TV-Show die Grenzen von Wissenschaft und Science Fiction fröhlich verschiebt. Die Physik des Bewusstseins, sein neues populärwissenschaftliches Buch, befasst sich nicht einmal mit dem Spezialgebiet des Professors für Theoretische Physik. Aber dafür hat er sich in den Forschungslabors der Welt umgeschaut und spekuliert fröhlich darüber, wann wir wohl ein Internet des Bewusstseins schaffen werden, wie wir Exoskelette durch Gedankenkraft steuern und ob wir einst mit Hilfe von Naniten Gedanken übertragen werden. Dabei hat Professor Kaku auch Sinn für praktische Probleme: Natürlich könne Telepathie zur Verletzung der Privatsphäre führen, so mutmaßt er, aber dagegen würde schon eine dünne Alufolie schützen, die man sich um den Kopf wickelt.

So führt er uns, zwischen CERN und Mel Gibson, durch die Forschungsprojekte der Welt, stellt uns die Forschungsagentur DARPA vor (die Defense Advanced Research Projects Agency des Pentagon), ihres Zeichens Erfinderin der Internet und von GPS; ihr Motto: "Wir versuchen, die Gesetze der Physik nicht zu verletzen. Oder zumindest nicht mehr als eins pro Programm." Oder er erzählt uns von Stephen J. Hawkings neuer Brille, die es dem berühmten Physiker erlaubt, mit Gedankenkraft zu schreiben.

Das liest sich alles recht drollig, ein bisschen wie Däniken in die andere Richtung und mit mehr Substanz, aber es empfiehlt sich, zwischen den Kapiteln Pausen einzulegen. Allzu viel von Professor Kakus "Physik des Bewusstseins" kann nämlich leicht anfangen zu nerven. Etwa sein Modell, das auf eine sehr mechanische Art und Weise verschiedene Bewusstseinsstufen sortiert und Bewusstsein mit der Fähigkeit zu Orientierung und Kommunikation gleichsetzt. Mit diesem Modell ist es wie mit dem Rest des Buches: Es ist nicht ganz falsch, aber es fehlt etwas.

Erich Sauer

Michio Kaku: Die Physik des Bewusstseins. Über die Zukunft des Geistes. Aus dem Englischen von Monika Niehaus. Rowohlt, Reinbek 2014, 542 S., 24,90