BROWNIES
Mystifaxe
Schon wieder ein Sakrileg
Das Magdalena-Virus wuchert weiter. Und Dan Brown kommt bestimmt in die Hölle. Wenn schon nicht wegen kunstgeschichtlichen Schindluderns und mittelmäßig spannender Apokryphen-Verthrillerei, so doch sicher, weil er einer Flut von Religionsverschwörungs-Romanen die Dämme öffnete. Der erfolgreichste zur Zeit ist Das Magdalena-Evangelium von Kathleen McGowan.
Die irischstämmige Amerikanerin behauptet allen Ernstes, dass die historische Maria Magdalena (über die es außer unklare Bibel-Stellen gar keine "Dokumente" gibt) ihr in Visionen aufgetragen habe, die "Wahrheit" zu erzählen. Allerdings muss sie die, um ihre seit Jahrtausenden verfolgten Quellen in Geheimgesellschaften zu schützen, als Roman wiedergeben. So stolpert eben eine junge Wissenschaftlerin bei einem seltsamen Antiquitätenhändler in Jerusalem über einen Ring, der ihr fortan Visionen macht. Den Ring, den die Autorin auf ihrem Klappentext-Porträt trägt. Welch clevere Mystifikation. Anfangs folgt man der Heldin trotzdem noch geduldig, wenn sie Vorlesungen über unterdrückte Frauen hält und richtig ausführt, dass die überlieferte Geschichte eben eine Geschichte der Überlieferer ist, und dass die meistens Männer waren. Marie Antoinette war kein gefühlskaltes Monster, Lucrezia Borgia brachte niemanden um - mag ja sein. Aber dann verquicken sich folkloristische Spät-Hippie-Attitüde und irisch-keltisches Druidentum mit einem unklaren Unbehagen daran, dass "evangelische" Christen in Amerika nicht so richtig katholisch glaubensprall daher kommen.
Die Heldin stößt in einem Kaff namens McLean auf einen obskuren Magdalena-Kult und ein paar privat gedruckte Bücher darüber. Das ist durchaus witzig, hat die Autorin doch ihr Magdalena-Märchen zuerst im Selbstverlag herausgebracht, bis ein großer Verlag auf der Suche nach einem Brown-Stoff die Rechte kaufte. Die Namensähnlichkeit von "McLean" mit "Magdalena" erst Seiten später als mystisch aussagekräftige Koinzidenz zu präsentieren, beweist nur, dass McGowans Trickkiste eine Laubsägearbeit ist.In der Folge bekriegen sich zwei Geheimbünde, natürlich. Die sattsam bekannten französischen Magdalena-Sagen werden mit schottischen und irischen Spuren verziert. Sogar der liebe Herr Jesus küsst die Heldin am Ende. Auf die Stirn (ein In-Joke über ein Überliefungsproblem). Das wahre Evangelium von Magdalena taucht nicht auf. Schließlich wird es noch zwei Folgebände geben. Eine clevere Vision im Schatten von Browns Mystifaxen äußert sich marktmäßig passend eben als Trilogie. Alles andere wäre ein Wunder.
WING
|