SCIENCE FICTION

Grüne Indianer

Irgendwie fühlen die Russen sich von der Evolution benachteiligt

Sergej Lukianenko ist einer der erfolgreichsten russischen SF-Autoren. Als Erfinder der "Wächter der Nacht" hat er durch die Verfilmung eines der vier "Wächter"-Romane auch im Westen zu einiger Bekanntheit gebracht. Ausgerechnet der Heyne Verlag, unter Lektor Wolfgang Jeschke ein Hort fortschrittsfröhlicher und kritischer Science Fiction, bringt jetzt Spektrum heraus, ein reaktionär-eskapistisch anmutendes Werk Lukianenkos aus dem Jahr 2002.
Martin ist Detektiv auf einer Erde, die durch "Tore" mit anderen Planeten verbunden ist. Diese Tore wurden eines Tages von einer fremden Rasse, den "Schließern", installiert. Vor jedem Tor sitzt ein Schließer, und nur wer eine gute Geschichte erzählen kann, darf durch das Tor treten und einen Planeten seiner Wahl besuchen. Für das Aufstellen der Tore entrichten die Schließer Miete in Form von Erfindungen, Kenntnissen, Formeln. Die Menschheit und alle anderen Rassen können sich bequem zurücklehnen, der Fortschritt wird von den Schließern selbst- und kostenlos geliefert.
Martin erhält den Auftrag, eine 17jährige Prominenten-Göre zurück zu holen, die durch eines der Tore ausgebüxt ist. Die Suche nach dem Mädchen führt Martin über sieben Planeten, dabei wird er sechs Mal eine Frau sterben sehen und in eine galaktische Verschwörung hneingezogen. Mehrere Rassen haben die Nase voll von den Schließern und befürchten den Untergang der Welt, weil niemand mehr "zum Fortschritt gezwungen" wird.
Nicht nur diese hanebüchene (und sehr gut erzählte) Geschichte wirkt etwas konservativ, der Autor selbst sorgt durch viele Nebenbemerkungen dafür, dass wir das rechte Weltbild erhalten. Er verachtet: "chemisches Essen", digitale Fotografie, Elektroherde ("nur was für Amerikaner"), überhaupt "alles Künstliche" (was immer das sein mag), und ein guter Mann braucht sowieso nicht mehr als Schnaps, eine Sauna und immer "eine heiße Frau parat".
Inwieweit es sich hierbei um Sarkasmus und Ironie handelt, erschließt sich nicht. Die Übersetzerin macht an einer Stelle deutlich, dass Lukianenko einen sehr doppelbödigen Humor besitzt, der in der Übersetzung verloren geht.
So hält man sich an sprechende Hunde, grüne Indianer, überhaupt eine ebenso eklektische wie wilde Phantasie. Und wundert sich, wieso russische Autoren immer in Sorge sind, der Fortschritt könne an ihrem Land vorbeigegangen sein. Schon die Strugatzkis machten sich in zwei Romane Sorge um den Fortschritt der Welt, also um Russland.
Alex Coutts
Sergej Lukianenko: Spektrum. Aus dem Russischen von Christiane Pöhlmann. Heyne, München 2007, 702 S., 14,-