MÄDCHEN Freundschaft Wie eine gelangweilte Schülerin und ein Straßenkind einander helfen können. Lou ist dreizehn und hat einen IQ von 160. Sie sitzt in einer Schulklasse voller Sechzehnjähriger und hat keinerlei soziale Kontakte zu Gleichaltrigen. Ihre Mutter leidet unter schweren Depressionen. Ihr Vater gibt sein Bestes, alles irgendwie am laufen zu halten, während seine Tochter innerlich vereinsamt und ihren Alltag mit seltsamen Experimenten und Studien verbringt: Welche gemeinsame Zutat haben Fertiggerichte einer speziellen Marke, so dass sie alle gleich schmecken? Nach welchem Code erkennen Schaffner ob ein Ticket gültig ist oder nicht? Als Lou in der Schule ein Referat halten soll, beschließt sie, über ein obdachloses Mädchen zu berichten. Sie trifft auf die Achtzehnjährige No, die auf den Straßen von Paris lebt. Eine Freundschaft entwickelt sich zwischen den Mädchen, die beiden aus der Einsamkeit ihres Lebens zu helfen scheint. Es geht bergauf, für einige Zeit. Die Geschichte von Lou und No erzählt von einer Freundschaft wie sie schöner, aber auch dramatischer nicht sein könnte. Beide sind so unterschiedlich, als kämen sie aus verschiedenen Welten, dennoch nehmen sie entscheidenden Einfluss auf das Leben der anderen. Insbesondere für Lou bedeutet die Freundschaft einen großen Gewinn an Lebenserfahrung. Delphine de Vigan lässt ihre Leser die Welt durch die Augen einer Dreizehnjährigen sehen, die nicht so naiv ist, wie es auf den ersten Blick wirken mag. Vielmehr hat sie mit Lou eine Protagonistin geschaffen, die "die Dinge wie sie sind" nicht akzeptieren will und kämpft, um sie zu ändern. Delphine de Vigan schreibt mitreißend, gradlinig, tiefgründig, aber nicht geschwollen, so dass No und ich zu einem kurzweiligen, zu Tränen rührenden und zum Nachdenken anregenden Roman geworden ist. Janne Hiller
Delphine de Vigan: No und Ich Aus dem Französischen von Doris Heinemann. Droemer, München 2008, 251 S., 16,95
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