LOKALKRIMIS

Frauengeschichten

Unser Heimatverbrecher kannte mal zwei Frauen: eine hat jetzt einen Münster-Krimi mitgeschrieben, die andere kommt schon wieder in einem Eifel-Krimi vor

Es kommt ja nichtmal in den besten Familien allzu häufig vor, daß man früher mal Tür an Tür mit einer heute halben Debüt-Krimi-Autorin studiert hat. Und hinter einer anderen Wand Fühlung hatte mit einer, die sich heute mit einem Beinahe-Kult-Krimi-Autor nicht nur den Schreibtisch teilt. Über dem als Haßobjekte meine frühen Verrisse früher Versuche des Hausherrn hängen. Außerdem erscheinen beider Bücher im selben Verlag, der selbst wiederum seit langem notorisch mit den Zähnen knirscht, wenn wir mal wieder drohen, einen seiner vielen Lokalkrimis zu besprechen.
Rätselhafte Zusammenhänge, die nur der Zufall mir jüngst offenbarte, und die ich hier nur weitergeheimnisse, um für den Fall meines plötzlichen Ablebens allerlei Verdächtigungen für einen echten Krimi Vorschub zu leisten.
Aber nun zur ersten Leiche. Mit der lassen sich Heike Lischewski und Stefanie Berg in Bananensplit bis fast zur letzten Seite Zeit. Die aber kaum wer bei Bewußtsein erleben wird; zu gnadenlos wichtig und frausam engagiert liegen Story und Stil im Weg. Die Heldin, als Kind sexuell mißbraucht, erkennnt, inzwischen universitär beschäftigt, den Täter in einer Zeitungsnotiz wieder. Schockweise machen sich Freundinnen aus der Journaille, emanzipierte Mütter und nette Männer an die Verfolgung. Ein Tagebuch des alten Leids macht die Gefühle, allerlei Atmosphäre aus Münster, der Studenten- und Frauenbewegung macht Gähnen ("ach, die Achtziger"), die guten Menschen locken das natürlich fette Schwein in eine Falle ... - und die Autorinnen verwechseln nicht nur vermultich die finale Rachetäterin, sondern machen auch noch einen Rückzieher. Das gemeinschaftliche Schlagtihntot am Mißbrauchs-Trauma-Mann, ja das ganze Gewürge weiblicher Selbstbestimmung wechselnder Rollen (Mutter, Schwester, Tochter, Tatfrau) auf dem Weg dahin, wird auf der letzten Seite zum bloßen Tagtraum entschärft. Das ist das feige Ende eines überforderten Debüts. Das mit dem Vorwort-Geständnis beginnt, Selbsthilfegruppen wie Zartbitter und Wildwasser hätten "unser Buch" erst möglich gemacht. Das ist ja der Ärger.
Bei Jacques Berndorf hingegen warten wir inzwischen gern auf Leichen. Nach sechs Eifel-Krimis bei Grafit (und einigen anderswo, die er jetzt, scheint's, zum Super-Zyklus um- und zusammenschreibt) haben wir die einleitenden Manirismen in Eifel-Rallye nämlich schon fast liebgewonnen: das Naturschwelgen im feuchten Bruch, die tiefsitzende Verachtung der politischen Klasse, der kleine Mut, sich nebenbei auch mal der eigenen Frau, von der er sich mit dem Nachnamen anreden läßt, unterlegen zu zeigen (vor ca. zwei Bänden trat eine neue - die andere von oben - in das Leben des Autors und seiner Figur, und kriegt immer größere Szenen) ... und diesmal fällt der fallauslösenden Tote sogar vor der obligatorischen Pfeifenzeremonie an (S. 12). Die Jacques Berndorfs Held Siggi Baumeister (beide heißen im echten Leben Michael Preute) jetzt übrigens, vielleicht, weil Rezensenten die bisher immer überkandidelt fanden, ziemlich zurückhaltend einsetzt.
Egal: ein kritischer Motorjournalist kommt unter die Räder, es hagelt weitere Leichen rund um den Nürburgring, der Formel-1-Zirkus kriegt managermäßig eins zwischen die Zähne ... aber Genaueres soll man selber nachlesen. Schließlich kann ein Buch, das ausgiebig CDU-Generalsekretäre und Rennfahrer-Brüder beleidigt, nicht ganz schlecht sein. Und das sage ich nicht nur, weil ich von der Abschußliste runter will.
Andererseits: richtig gut ist es auch nicht. Vor die Wahl gestellt, entweder noch ein paar Realitäts-Notizen mehr unter die Haube zu bringen, oder das Handlungsfahrwerk in der Spur zu halten, entscheidet sich Preute immer fürs Umfallen.
WING
Heike Lischewski / Stefanie Berg: Bananensplit Dortmund: grafit Verlag 1997, 140 S., 14.80 DM
Jacques Berndorf: Eifel-Rallye Dortmund: grafit Verlag 1997, 314 S., 16.80 DM