BERUFSPROTESTLER Die Lohnmimose Joseph von Westphalen suhlt sich in Arroganz und Selbstmitleid Schriftsteller sind immer knapp bei Kasse, es sei denn sie haben das Glück, mit hoch dotierten Preisen ausgezeichnet zu werden oder ein Stipendium an Land zu ziehen. Aber das macht ihnen nichts aus, sie schreiben nicht für finanzielle Anerkennung, sondern um der Literatur willen. So scheint, laut Joseph von Westphalen, die landläufige Vorstellung von einem Schriftsteller zu sein. Westphalen selbst ist da ganz anders und bezeichnet sich selbstironisch als "Lohnschreiber". "Für Geld schreibe ich alles - so wie ich es will" lautet sein Credo In seinem neuen Geschichtenband hat der Auftragsschreiber vierzehn halb wahre, fast wahre und ganz wahre Geschichten vereint. Seine Figuren leiden an Schreibblockaden, hervorgerufen durch die perfekte Ehefrau im knappen Ledermini, müssen sich vor Schriftstellerkollegen rechtfertigen und werden von Gourmetblättern gebeten, über gutes Essen und gute Weine zu schreiben, "ruhig bissig, aber nicht zu sehr, bitte, um die Leser nicht zu vergraulen". Der engagierte Lohnschreiber soll Texte schreiben, die schwungvoll und ironisch sind und im Falle einer Rede die bösen Spitzen enthalten, die sich nur ein außenstehender Redner erlauben darf. Einer seiner wohl begehrtesten Sätze lautet: "Dann zahlen sie mir eben ein Ausfallhonorar!" Er fällt immer dann, wenn der abgelieferte Text doch zu bissig geworden ist. Genauso wie es zum Handwerk eines Lohnschreibers gehört, erst mal so gut wie jedes einkommende Angebot mit Verweis auf den zu verlierenden Ruf als Schriftsteller kategorisch abzulehnen. Die Leiden eines Lohnschreibers erscheinen groß, genauso wie die Summen, die er für seine Texte kassiert. Doch dieser Ausgleich ist nicht ausreichend, schließlich erkennt ein Großteil der literarischen Welt, wie beispielsweise die bösen Feuilletonisten oder die Goethe-Institut-Stipendiaten, seine Leistungen nicht an, und so nörgelt der überheblich-arrogante Lohnschreiber weiter über die Ironie des Literaturbetriebs. Janne Hiller
Joseph von Westphalen: Aus dem Leben eines Lohnschreibers. Sammlung Luchterhand, München 2008, 250 S., 8,-
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