LIEDER
Besorg's ihm Leonard Cohen, übersetzt von einem BWL-Professor Eine bestimmte Dame muß jetzt mal kurz weghören, aber: Wenn man ein bißchen Gitarreklimpern kann und des Englischen halbwegs mächtig ist, war es nie der schlechteste Schachzug, die Damen mit einem Lied von Leonard Cohen zu beeindrucken: Dessen Songs sind melancholisch, sehr moll-melodiös, und die Texte unverständlich genug, um manchmal Tiefe vorzugaukeln, wo nur Reimzwang herrscht. Für alle unter uns, die sich fürs Damenbeeindrucken bisher mühsam die Texte von den Platten und CDs abgeschrieben haben, ist das Buch Leonard Cohen: Songs of a Life eine große Hilfe. Da sind alle Liedtexte des kanadischen Lyrikers und Spätbuddhisten im Original abgedruckt. Komplett. Was für eine Freude! Leider wurden die Texte auch übersetzt, von dem Cohen-Fan und BWL-Professor und Marketingbeauftragten des Saarländischen Rundfunks, Christof Graf. Diese Übersetzungen sind drollig. Ein paar Beispiele: Man kann "Sisters of Mercy" als "Schwestern der Barmherzigkeit" übersetzen. Aber wo es im Original schwarz-ironisch heißt: "Well, I've been where you're hanging, I think I can see how you're pinned / When you're not feeling holy, you're loneliness says that you've sinned", macht Graf daraus im BWL-Deutsch: "Nun, ich war dort, wo du hängst, ich kann mir vorstellen, was dich hält: / Wenn du dich nicht heilig fühlst, sagt deine Einsamkeit, dass du gesündigt hast." Dass da jemand wörtlich an die Wand genagelt wurde - was die letzte Zeile erst witzig macht - ist ihm entgangen. Noch bei den einfachsten Sätzen wird's seltsam: Aus dem hübsch doppelt verdrehten Refrain "I can't forget, but I don't remember what" wird "Ich kann nicht vergessen, was es ist" (aus dem späteren Refrain " ...but I don't remember who" macht er lustigerweise die gleiche Zeile "was es ist"; o mye ...) Wenn Cohen drastisch wird, verkriecht sich Herr Graf unter die Bettdecke. In "Chelsea Hotel Nr.2" heißt es: "giving me head on the unmade bed". Herr Graf? - "Du besorgtest es mir auf dem ungemachten Bett" - Mann, sie hat ihm einen geblasen! Vom Gitarrenklimpern versteht der Professor noch weniger. Cohen ist bisweilen angepflaumt worden, er könne nur drei Akkorde. Cohen hat Graf schelmisch anvertraut: "In Wahrheit kenne ich fünf". Graf, eifrig: "Genau auf jenen fünf Akkorden beruhen nämlich auch Stücke wie Suzanne, Stranger Song oder Master Song." - die genannten Lieder brauchen in Cohens Notation insgesamt 11 verschiedene Akkorde. Immerhin: dass die Dame auf der Rückseite von "Songs from a Room" Cohens Freundin Marianne ist - das weiß auch Herr Graf. Es ist auch seit 30 Jahren bekannt. Thomas Friedrich
|
Christof Graf: Leonard Cohen - Songs of a Life dtv Nr. 20524, München 2002, 352 S., 12,- EU |