KUBRICK
Nix wie Meisterwerke Stanley Kubrick wird in den Olymp geschrieben Kubrick hat ein Kino hinterlassen, das nicht nur unsere Welt abbilden, verbessern und kritisieren kann, unser Leben feiern oder betrauern, sondern das dorthin gelangen wollte, wo noch niemand war". So klingt das wenn man einem Genie die letzte Ehre erweisen will. Oder auch nicht. Nachdem man sich von der bleiernen Langeweile, die das letzte Werk des Meisters Eyes Wide Shut, in einem hinterlassen hat, einigermassen erholt hat, folgen jetzt die Bücher über ihn. Kubricks Oeuvre auf dem Seziertisch. So will es Georg Seeßlen, von dem auch die Eingangs zitierten Zeilen stammen. Sein Buch heisst schlicht: Stanley Kubrick und seine Filme.Auf siebzehn Filme hat es Kubrick gebracht (wenn man seine Dokumentarfilme mitzählt), nicht besonders viel für einen Regisseur der seinen ersten Film 1950 gedreht hat. Kubrick war also ziemlich langsam. Für Seeßlen natürlich ein Qualitätsmerkmal, denn: Wer sich viel Zeit nimmt, hat sich auch viele Gedanken gemacht. "Die Revolte des Kubrickschen Helden ist indes nicht nur durch den zivilisationsgeschichtlichen Grundwiderspruch geprägt - der Mensch, der aus 'freiem Willen' sein Schicksal produziert, oder anders gesagt: der Mensch, der als 'Fortschritt' seine eigene Unterdrückung produziert - sondern auch durch die Konstruktion seiner Psyche". Nun ja, das mag furchtbar schlau beobachtet sein. Es könnte aber einfach auch nur gequirlte Scheisse sein. Aber es geht noch weiter, tief Luft holen: "Im freudianischen Modell könnte man wohl sagen, das in allen Filmen von Stanley Kubrick durchaus modellhafte Vertreter von Es, Ich und Über-Ich zu finden sind." Die einen halten Stanley Kubrick für das Mass aller Dinge. Die anderen mögen einen Teil seiner Arbeiten, den Rest halten sie für ziemlichen Mist oder uninteressant. Ich gehöre zur zweiten Kategorie, wegen Dr. Strangelove, den ich sehr liebe, und Barry Lyndon, der ein übler Schnarchfilm ist. Georg Seeßlen gehört natürlich zur ersten Sorte. Keine Kritik also, nur Lob und Lorbeer auf des Gottes Haupt. Ein Buch für den Knoten im Hirn und voller staubtrockener Leidenschaft. Etwas was man auch von Kubricks Filmen behaupten könnte. Das alles geht natürlich auch etwas weniger schwer. Bei Rolf Thissen zum Beispiel. Der sagt auch kein schlechtes Wort über Stanley Kubrick. Und versinkt dabei glücklicherweise auch nur bis zur Hüfte in pseudo-philosophischem Gefasel, während Seeßlen darin ersäuft. Na ja, seltsam ist natürlich auch hier die Einschätzung von Eyes Wide Shut: "Ein überwältigender Film - elegant, opulent, raffiniert, packend, mit brillanten Schauspielern ..." - wir stoppen hier mal die Lobhudelei, denn wir wissen, dass der Film nichts davon ist. Aber Eyes Wide Shut als Erotik Schocker zu bezeichnen ist echt starker Tobak. Immerhin kann Thissen mit zwei Interviews von Mitarbeitern Kubricks aufwarten, die von einigen Schrullen des Regisseurs zu berichten wissen. Dafür hätte man auf das Abdrucken von irgendwelchen Produktionsnotizen, Lieferscheinen und Frachtpapieren ruhig verzichten können. Und so selten, wie uns der Klappentext glauben machen will, sind die abgedruckten Photos auch nicht. Mirko Puzic
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Georg Seeßlen / Fernand Jung: Stanley Kubrick und seine Filme Schüren, Marburg 1999, 320 S., 34,- DM Rolf Thissen: Stanley Kubrick Heyne, München 1999, 288 S., 19,90 DM |