KULTURKRITK
Offroad
oder Warum wir alle in den Krieg wollen
Der Erfolg der Computerspiele als Kriegsspielzeug handelt auch vom Triumph des Modells Star Wars über das Modell Apocalypse Now: George Lucas, Ziehsohn von Francis Ford Coppola, trug mit seinem Film Star Wars (1977) entscheidend dazu bei, dass in den USA nach dem Vietnamschock wieder eine positiv besetzte Kriegskultur entstehen konnte." Und die hat sich, so sehen es die Autoren Tom Holert und Mark Terkessdis in ihrem Buch Entsichert, beständig fortentwickelt.
Vom Körper-Kult der Mucki-Buden (wir alle müssen Rambo werden!) über die Vorliebe zu allradgetriebenen Offroad-Fahrzeugen, vom alltäglichen Sprachgebrauch ("Bundeswehr an der Oderfront!") bis zur Ikonografie des "Bösen" (ohne das Gesicht von Milosevic wär der Krieg gegen Serbien nur halb so schön gewesen) sehen die Autoren nur noch "Krieg als Massenkultur im 21. Jahrhundert" (so der Untertitel ihres Buches).
Neben der Beschreibung dieser gesellschaftlichen Verschiebung geht es auch um die neue alte Sehnsucht nach Abenteuer: Unsere Welt ist so virtuell geworden, jedes Computerspiel inzwischen so teuflisch realitätsnah, dass der Wunsch, die virtuelle Welt verlassen und ins echte Massaker einsteigen zu können, übermächtig wird. Es ist ja auch verblüffend, wie sehr neuzeitliche Amokläufe den Computerspielen immer ähnlicher werden (das Buch widmet sich diesem Thema vor allem am Beispiel von Buch & Film von "The Beach").
Dass allein der Neoliberalismus diese Kriegskultur befördert habe, ist die gewagte, aber diskussionswürdige These der Autoren. Die Stärke ihres Buches liegt weniger in den wenigen Antworten, die sie geben, als in den vielen Fragen, die sie stellen.
Erich Sauer
|