Geschichte Gottes Krieger Rodney Stark bricht eine Lanze für die Kreuzritter Das finstere Mittelalter war gar nicht finster, mit der islamischen Kultur war es gar nicht so weit her, und die Kreuzzüge waren ziemlich idealistische Unternehmungen, um die Pilgerpfade zu den "heiligen Stätten" der Christen offenzuhalten und vor muslimischen Räubern zu schützen. Verdient hat daran niemand etwas, im Gegenteil, so ein Abstecher nach Jerusalem ging für einen kreuzfahrenden Ritter ziemlich ins Portemonnaie und geschah meist nur für Gottes Lohn. Mit derart drolligen Ansichten (und eigentlich keinen Belegen) bring man es in den USA zum "Co-Leiter des Instituts für Studien der Religion an der Baylor Universityö (so der Klappentext), was nach entschieden mehr klingt, als es ist. Rodney Stark jedenfalls, gelernter "Religionssoziologe" an der Universität zu Washington, hat mit Gottes Krieger ein Buch geschrieben, das sich vordergründig mit den fünf Kreuzzügen zwichen dem 11. und 13. Jahrhundert herum befasst. Hintergründig aber gibt Stark bereits im Vorwort zu erkennen, dass es ihn ärgere, wenn westliche Autoren heute den muslimischen Furor mit dem Unrecht der Kreuzzüge begründen. Denn die stellten keinesfalls eine barbarische, frühkolonialistische Invasion dar (wie es die Forschung heute größtenteils sieht), sondern eher eine idealistische Notwehr des bedrängten Christentums gegen eine sich aggressiv ausbreitende neue Religion, die dem Christentum keinesfalls ethisch überlegen gewesen sei. Um das zu untermauern, zitiert sich Stark munter durch die Werke anderer Historiker (er selbst hat keinerlei Forschung auf diesem Gebiet betrieben), wobei seine Auslassungen (im doppelten Sinne) recht amüsant und klug gewählt sind, um seine Thesen zu stützen. Meistens geht das bei Stark so: Kolonialismus impliziert die wirtschaftliche Ausbeutung eines besetzten Landes. Da die Kreuzritter an ihren Kreuzzügen nichts verdienten, kann es sich bei den Kreuzzügen nicht um Kolonialismus handeln. Ähnlich geht er vor, wenn es darum geht, "nachzuweisen", die Kreuzritter seien nicht über die Maßen antisemitisch gewesen. Der Idee, was die Päpste mit ihren Aufrufen bezweckten, geht Stark so wenig nach wie etwa der Frage, was das zwischen westlichen Kreuzrittern und muslimischen Ländern eingekeilte Byzanz eigentlich hätte tun sollen - außer sich elendig opportunistisch zu verhalten. Wer sich ein bisschen in der Geschichte auskennt, wird sich bei dieser Darstellung der "Kreuzzüge in neuem Licht" (Untertitel) gut unterhalten - als Beispiel für katholische Rhetorik und apologetisches Eskamotieren. Als Geschichtsbuch ist das allerdings nicht ernst zu nehmen. Erich Sauer
Rodney Stark: Gottes Krieger. Die Kreuzzüge in neuem Licht. Aus dem Englischen von Klaus Binder und Bernd Leineweber. Haffmanns & Tolkemitt, Berlin 2013, 384 S., mit zahlr. Abb., 22,95
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