Gesundheit Imogens Brust Mit »Krebs« wollte der Radioonkologe Martin Bleif ein Standardwerk zum Thema schreiben Wie funktioniert Zellteilung? Handelt es sich bei Krebs in seinen verschiedenen Erscheinungsformen wirklich um eine Krankheit)? Hilft grüner Tee wirklich gegen Tumore? Was verursacht Krebs: Umweltgifte, Strahlung oder eine genetische Disposition? Eine ganze Palette an Fragen und Antworten versucht der in Tübingen und Göppingen praktizierende Radioonkologe Martin Bleif in seinem Buch zu beantworten. Das tut er gut geordnet, verständlich geschrieben und mit all der Ausführlichkeit, die Onkologen in der Praxis nur selten aufbringen. Leider hat das dickleibige Buch zwei Handicaps, ein strukturelles und ein produktionstechnisches. Dass er die Brustkrebserkrankung seiner jung verstorbenen Frau Imogen als dramaturgischen Leitfaden benutzt, führt zu Beginn jedes Kapitels zu einer Betroffenheit erzeugenden Dialogsituation, in der seine 2010 verstorbene Frau angeblich Fragen zu ihrer Erkrankung stellt, die sie sich als studierte Medizinerin gewiss teilweise selbst beantworten konnte. Bleif selbst will mit diesem Betroffenheitstonfall klarmachen, dass er nach vielen Jahren als Arzt auch die Seite der Patienten kennengelernt hat und Krebs somit nicht nur als systemische Erkrankung, sondern als eine das Leben der Betroffenen von Anfang an radikal verändernde Erfahrung zu verstehen gelernt hat. Das ist persönlich bewegend, sagt aber nichts über die Qualität seiner Auskünfte aus. Auch der stilistische Bruch zwischen den persönlichen Passagen, die das Sterben von Imogen Bleif schildern, und den teilweise recht locker formulierten wissenschaftlichen Auskünften, irritiert; um das Mindeste zu sagen. Schwerer wiegt hingegen die unglaubliche Anzahl von Syntax- und Tippfehlern auf den meisten Seiten. Neben der erschwerten Lesbarkeit wirft eine solche Schlamperei auch kein gutes Licht auf die wissenschaftliche Seriosität des Buches, das anscheinen von niemandem gegengelesen wurde. Erich Sauer
Martin Bleif: Krebs. Die unsterbliche Krankheit. Klett-Cotta, Stuttgart 2013, 528 S., mit zahlr. Abb., Register, Quellenverzeichnis. 24,95
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