SCIENCE & FICTION

Quanten und Bleistifte

Lawrence M. Krauss erklärt, warum die Enterprise nicht fliegen kann

Es ist spannend, keine Frage, sich vorzustellen, mit Käpt'n Picard, der Enterprise und mit WARP 10 durch die Galaxis zu düsen. Oder, bescheidener, durch reine Gedankenkraft einen Bleistift über den Schreibtisch rollen zu lassen. Mindestens ebenso spannend aber ist es, darüber nachzudenken, warum das in dem uns bekannten Universum wohl niemals passieren wird.
Lawrence M. Krauss ist ein der Science Fiction freundlich zugetaner Physiker und Astronom und schreibt gerne Bücher, in denen alle drei Gebiete zueinander finden. Jenseits von Star Trek (als Nachfolger zu Die Physik von Star Trek) schrieb er vor 5 Jahren, jetzt ist es auf deutsch erschienen, und es beginnt mit der bedrückenden Eingangssequenz von Independence Day, in der die riesigen Raumschiffe die Städte verdunkeln. Mal davon abgesehen, dass die Aliens bei so viel Energieverbrauch wahrscheinlich ihre Spritrechnung nicht bezahlen können, weißt Krauss auf die ewigen Gesetze von Körper, Masse und Gravitation hin und dass die Raumschiffe eigentlich nur über New York zu schweben brauchten, um es platt zu machen; d e r Film wäre entschieden kürzer geworden.
Die Gesetze der klassischen Physik stellen den Weltraumträumen immer wieder ein Beinchen. Vor allem der immense Energieaufwand, um Raumschiffe zu beschleunigen (und wieder abzubremsen!), wird in der Science Fiction gerne unterschlagen. Die theoretische Lösung, mit Antimaterie zu fliegen, ist, so Krauss, gar keine dumme Idee. Dumm ist nur, dass die Lagerung von Antimaterie, vorsichtig gesagt, ein logistischer Albtraum ist.
So lernen wir recht spaßig etwas über die Grundsätze des Universums, warum man den Raum zwar im Prinzip falten und abkürzen kann, uns das aber trotzdem nichts nutzt, um fremde Welten, fremde Zivilisationen entdecken zu können, und das richtig schlaue Aliens einfach ein Riesenraumschiff geostationär parken würden, um die Erde aus der Bahn zu werfen. Das dauert dann zwar ein paar tausend Jahre, aber dann ist der Planet garantiert unbewohnt.
Im letzten Drittel knöpft Krauss sich die New Age-ler und "die Macht" aus Star Wars vor: Selbst wenn es ein "Zwischenuniversum" mit bisher nicht erkannten Energien gibt, die man "anzapfen" könnte, gelten hier bei uns die bekannten Gesetze. Das heißt: um oben erwähnten Bleistift mit Gedankenkraft zu bewegen, müßte der Schädel mehr Kilowatt abstrahlen als eine Radiostation; das kann nicht gesund sein.
Nebenbei bietet Krauss eine hervorragende Einführung in die Quantenmechnik, anschaulich, verständlich, nachvollziehbar. Von Schroedingers Katze über Feynmans zeitreisende Teilchen bis hin zum neuen Konzept der Dekohärenz, das erklären soll, warum sich Quanteneffekte im Makrobereich verlieren, werden wir auf den Stand der Dinge gebracht. So dass wir am Ende mit Krauss gemeinsam ausrufen können: Niemand versteht die Quantenmechanik wirklich. Aber es ist spannend.
Alex Coutts
Lawrence M. Krauss: Jenseits von Star Trek. Die Physik hinter den Ideen der Science Fiction Deutsch von Erik Simon. Heyne, München 2002, 221 S., 15,95 EU