KOSOVO
Kontrollverluste Die Begründung der NATO für ihren Luftkrieg war kärglich. Die linke Kritik daran ist es auch Weshalb sind linke Kritiker aus dem KONKRET- und "Jungle World"-Umfeld stolz darauf, seit 20 Jahren die immer gleiche Meinung vor sich her zu tragen, egal, wie die Wirklichkeit darauf reagiert? Und warum muß sich eine linke Kritik an den Kriegsgründen derart platt lesen wie die von Jürgen Elsässer? - "Die Schluchten des Balkan sind nicht ökonomisch interessant, sondern nur als Testfeld außerökonomischer Stärke, die allein die Phantom-Akkumulation des Spätkapitalismus noch zu stützen vermag. Das erklärt auch, warum in Jugoslawien ohne jedes erkennbare Kriegsziel weitergebombt wurde: Das einzig verbliebene Kriegsziel besteht nämlich im Sieg um seiner selbst willen - nur so können die internationalen Finanzmärkte weiter hypnotisiert und über die ökonomische Schwäche der USA hinweggetäuscht werden." (der einfachste Einwand gegen diesen Gymnasiasten-Schwulst wäre: wenn Elsässer es bemerkt hat, merken es die "internationalen Finanzmärkte" auch; wetten?). Und zur gewandelten Haltung Joschka Fischers fällt dem Radau-Bruder Gremliza ein: " ... darf man jetzt fest darauf vertrauen, daß ein 'Auschwitz', das der grüne Außenminister entdeckt, kein Vernichtungslager ist, sondern zum Glück nur eine Metapher für den Kulturbruch, den der Verlust seines Dienstwagens ihm bedeutet." Bösartig war "Konkret"-Chef Gremliza schon immer, aber im Alter scheint er jetzt debil zu werden. Nicht ganz so fürchterlich sind die Beiträge in dem Sammelband Wie Dr. Joseph Fischer lernte, die Bombe zu lieben, obwohl auch hier schon der Titel eine ziemlich dämliche Fixierung auf Joschka Fischer erkennen läßt. Daß hier nicht nur Quark steht - obwohl sich Wolfgang Pohrt wieder alle Mühe gibt, als lebende Skurrilität demnächst öffentlich ausgestellt zu werden (um von Viagra zu Massenvergewaltigungen zu kommen, braucht Pohrt keine fünf Worte) - liegt auch daran, daß auch internationale Beiträge zu finden sind, etwa über die politischen Strukturen, die das Dayton-Abkommen schuf oder die Morde bei Racak. Aber nicht nur in Deutschland gibt's Hohlköpfe. Der Norweger Jan Öberg etwa hat gegen die Verhandlungen von Rambouillet einzuwenden: "Die westlichen 'Vermittler' hatten keine professionelle Ausbildung für ihre Tätigkeit. Es gibt keine Anzeichen dafür, daß einer von ihnen jemals einen Kurs in Konfliktanalyse, kreativer Konfliktlösung und Aussöhnung besucht hätten." - solange wir die Volkshochschule nicht in der Politik haben, wird da nix draus. Öberg weiter: "Da selbst orthodoxe Priester nicht an den Verhandlungen teilnehmen durften, stellt sich die Frage, ob überhaupt irgendwelche Experten in Rambouillet anwesend waren." Das soll Kritik sein? Dann bin ich Pulitzer. Daß es auch anders geht, kann man, im gleichen Buch, bei Günter Amendt nachlesen: "Einmal mehr zeigt sich hier, wie labil die Machteliten sind und wie instabil das Machtgefüge. In Rußland ein vom Alkohol zerstörter und von Tabletten lahmgelegter Präsident ( ...), in den USA ein Präsident, der in seiner Gier nach sexuellen Abenteuern zeitweise die Kontrolle über die Präsidentschaft verloren hat ( ...). Und in Deutschland einen sozialdemokratischen Kriegsminister, der außer Rand und Band geraten ist. Kontrollverlust, wo man hinsieht." Erich Sauer
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Jürgen Elsässer (Hg.): Nie wieder Krieg ohne uns Das Kosovo und die neue deutsche Geopolitik -, Konkret Verlag, Hamburg 1999, 164 S., 22,80 DM) Klaus Bittermann, Thomas Deichmann (Hg.): Wie Dr. Joseph Fischer lernte, die Bombe zu lieben Die Grünen, die SPD, die Nato und der Krieg auf dem Balkan. Edition Tiamat, Berlin 1999, 207 S., 30,- DM |