KÜCHE

Essenzen

Aldo Buzzi isst sich durch die Welt

Dies ist ein Kochbuch. Unter anderem. Allerdings hat es kein Rezeptregister, im Anhang werden nur Namen aufgeführt. Und mindestens einer davon, Joe Cipolla, ist ein erfundener. Den hält Aldo Buzzi scheinbar ernsthaft für den Autor eines "Mafia-Kochbuchs" (1998 in Münster mit einem original Durchschussloch erschienen), aber sonst weiß der Italiener (sein Original erschien 2002 in Mailand), was er warum und wo gerne isst. Oder trinkt.
Aldo Buzzi parliert sich lippenleckend durch die Welt und die Geschichte. Der Klappentext beschränkt die Abenteuer auf Europa und Nordamerika heute, gleich der erste Text erzählt von Zitronensuppe in Mexiko damals, und spätestens wenn der Gourmet zugibt, von Zeit zu Zeit gern Pasta auf kalten Tellern mit viel Ragù verschlingen zu mögen, beginnt der Zweifel zu nagen. Breitet hier ein Weiser seine Essens-Essenzen aus, oder macht er sich lustig? Oder beides?
3 Seiten füllt das Namensregister mit en passant erwähnten Köchen und anderen Gewährsleuten, der Anhang "zur deutschsprachigen Ausgabe" wurde frech im Italienischen belassen, und wunderlich fügen sich historische Nebensächlichkeiten (der große Antonine Careme zählte die Konditorei als Unterkunst zur Architektur) zu aktuellen Warnungen (die kleinen Orangen sind die besten, Blutorangen aber sind ein Verbrechen). Das macht: ein Kochbuch für Leute, die keine Kochbücher lesen. Sondern gern länger kauen. Es ist nicht glatt, wie all die Besser-Essen-TV-Shows, es wellt sich und kratzt und lässt sich nicht in einfach weg zu schlabbernde Häppchen zerlegen.
Es könnte sich auch durchaus dermaleinst herausstellen, dass es den Autor dieses Buches gar nicht gibt. Immerhin endet sein letztes Kapitel in einem Restaurant in Como in der Via Maestro Martino. Benannt nach dem Koch, der im 15. Jahrhundert dekretierte, ein Ei müsse "1 Vaterunser" lang kochen. Allerdings gibt es die Strasse gar nicht. Den Koch gab es aber schon. Und das komplizierte Rezept für Spiegeleier à la Buzzi (S. 55) ist einen Versuch wert.
WING
Aldo Buzzi: Man nehme, so man hat. Von Küchen und Köchen, Genießern und Banausen Aus dem Italienischen von Bettina Kienlechner, Edition Epoca, Zürich 2005, 159 S., 19,95 ISBN: 3905513358