BEZIEHUNGEN

Chemie der Gefühle

Liebe ist nix weiter als eine Hormonausschüttung

Warum halten manche Beziehungen, andere nicht? Wieso verlieben wir uns? Und: kann man das steuern? Nun, die Hormone können's, und wir liefern uns anschließend selbst die Illusion, eine "freie Entscheidung" getroffen zu haben. Die Liebe und wie sich Leidenschaft erklärt von Bas Kast enthält keine Sensationen, trägt aber brav zusammen, was Wissenschaftler in den letzten Jahren herausgefunden haben. Zum Beispiel: Wir haben nicht Herzklopfen, weil wir verliebt sind, sondern wir verlieben uns, weil unser Herz schneller klopft. Aufregung ist ein gutes Treibmittel, um sich schneller zu verlieben. Das berühmte Hängebrückenbeispiel (Männer sind auf schwankendem Grund liebesbereiter als auf festem Boden) darf da nicht fehlen. Oder jener Test, bei dem Männern vorgegaukelt wurde, beim Betrachten von Frauenbildern würden sie ihre eigenen Herztöne hören. In Wahrheit waren das vorbereitete Herztöne, und wenn die beschleunigt wurden, fanden die Kerle die Damen attraktiver.
Verliebte haben einen deutlich niedrigeren Serotonin-Spiegel im Blut, was sie mit Neurotikern und Depressiven gemein haben. Dieser Hormon-Mangel trübt den Blick für die Wirklichkeit und fördert die Monomanie; bei frisch Verliebten legt sich das nach 6 Monaten. Paare, die einander im Alltag öfter zärtlich berühren, regen damit ein Hormon an, das man im Verdacht hat, für Treue zuständig zu sein. Auch das friedliche Alltagsgespräch ist für die Beziehung besser als Streit, der Adrenalin produziert.
Lehr- und hilfreich sind die Einteilung in "Liebessichere", "Liebesvermeider" und "Liebesängstliche": die grundsätzliche Haltung zu Nähe und Zärtlichkeit scheint schon in der Kleinkinderzeit festgelegt zu sein, je nachdem, wie viel Aufmerksamkeit die Eltern ins Kind investierten.
Während der Mann ziemlich zuverlässig noch auf den stumpfesten Reiz reagiert und sofort vögeln will, ist die Frau komplizierter. Einerseits mag sie den kantigen Muskelmann für Sex und Abenteuer (offensichtlich kurz vor dem Eisprung scheinen Frauen eine Vorliebe für Arnold Schwarzenegger zu haben), andererseits und die meiste Zeit über steht sie auf den sensiblen, treuen Mann zur Brutpflege.
Man sieht schon: was in den letzten 5 Jahren durch die Wissenschafts-Redaktionen getragen wurde, ist hier brav zusammengefasst worden. Vieles ist amüsante Spekulation, manches erstaunlicher Befund. Und trotz aller Hormone und frühkindlicher Prägung deutet vieles darauf hin, dass wir uns ändern können, wenn wir wollen. Dass wir das wollen - dafür sind dann wieder andere Hormone zuständig.
Thomas Friedrich
Bas Kast: Die Liebe und wie sich Leidenschaft erklärt. S.Fischer, Frankfurt 2004, 224 S., 17,90 ISBN: 310038301X