RATGEBER Gut geschluckt Wie man sich und andere unter den Tisch säuft Hier geht es nicht um fein austarierte Drinks, raffinierte Cocktails oder überhaupt um Trinkkultur: Kingsley Amis war ein kultivierter humoristischer englischer Autor, der beim Saufen alle Hemmungen fallen ließ. So ist "On Drink" (O-Titel), 1970 erstmals erschienen, ausdrücklich ein Ratgeber, der es sich und seinen Lesern einfach machen will. Nicht mal einen Shaker zählt Amis zur Grundausstattung einer Hausbar, denn die normalen Schüttler sind ihm zu klein (für Gäste und Geselligkeit, so schreibt er, müsse ein Shaker die Größe eines Feuerlöschers haben, dann aber sei er schwer zu handhaben) und alles, was da vermischt würde, könne man auch rühren. Er empfiehlt für viele Drinks, eher billigen Gin oder Wodka zu nehmen, da man durch den Kleister die Güte des Gebrannten eh nicht mehr herausschmecken würde. Und er zitiert bisweilen Rezepturmengen, mit denen man wahlweise 2000 Gäste zu einem gelungenen Besäufnis einladen oder sich mit 5 guten Freunden für 1 Jahr aus der Welt zurückziehen könne. Ein typischer Amis-Absatz geht so: "Einmal habe ich mir mit zwei Kumpanen eine Halbliterflasche beinahe reinen Alkohols (85 Prozent) aus Polen geteilt. Insgesamt habe ich dabei nur zwei Sätze von mir gegeben. Der erste lautete: 'Hört auf zu lachen, wo weit bin ich noch nicht', der zweite, nur wenig später, war: 'Ich glaube, ich geh' jetzt ins Bett.'" Dass bei so viel tapferen Selbstversuchen, die im Koma enden, tatsächlich auch Rezepte weitergegeben werden, ist eher überraschend. Andererseits sollten nur wirklich harte Trinker etwa die Amisch'sche Martini-Variante ausprobieren, in der 15 Teile Gin auf 1 schäbigen Teil Wermut kommen. Am Rande werden auch Themen wie "Gesundheit" oder "Gewichtszunahme" erörtert. Auch da ist Amis so witzig wie ehrlich und schreibt, wenn man wirklich was für die Gesundheit tun wolle, müsse man halt das Saufen reduzieren. "Aber bitte fragen Sie nicht ausgerechnet mich, wie Sie das hinkriegen sollen." Das schmale Hardcover-Bändchen ist von Deutschlands witzigstem Alkoholiker, Eugen Egner, kongenial irre illustriert und kommentiert worden. Gerade Nicht-Trinker können hier die schönen Seiten des alkoholinduzierten geistigen Verfalls genießen. Thomas Friedrich
Kingsley Amis: Anständig Trinken. Reich verziert von Eugen Egner. Aus dem Englischen von Joachim Blessing. Rogner & Bernhard, Berlin 2008, 140 S., 15,90
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