Nazis

Feuerteufel

Erich Kästners Mahnungen zu einem übergangenen Jubiläum

Gerade jährte sich die Bücherverbrennung der Nazis, durchgeführt von der deutschen Studentenschaft am 10. Mai 1933 in allen deutschen Universitätsstädten, zum 80. Mal, was aber nicht weiter aufgefallen ist.

Wenn uns sonst nichts zum Thema einfällt, können wir Erich Kästners Aufsätze und Reden nachlesen, netterweise zusammengefasst in dem schmalen Bändchen Über das Verbrennen von Büchern. Darin ist nicht nur jener Aufsatz enthalten, in dem Kästner beschreibt, wie er wohl als einziger Autor "seine" Verbrennung persönlich miterlebte: Er war zu dem gruseligen Autodafé in Berlin einfach hingegangen und hatte Goebbels, den "Teufel in der Kiste" (Kästner) zugehört, solange, bis Kästner aus der Menge heraus erkannt wurde und dann ging: "Das war mir nicht angenehm", heißt es lapidar in dem Aufsatz. Enthalten ist aber auch jener Aufsatz, in dem Kästner eine christlich inspirierte Bücherverbrennung in der Bundesrepublik in Düsseldorf beschreibt. Damals hatten sich junge Christen ganz harmlos auf Beispiele aus der Bibel berufen, wo es darum ging, "heidnische Bücher" zu verbrennen. Von der jüngsten deutschen (Nazi-)Geschichte wollten die jungen Christen in ihrem "Feuereifer" (Kästner) gar nichts gewusst haben.

Am meisten beeindruckt gewiss Kästners Rede "Bücher kann man nicht verbrennen" vom 10. Mai 1953, in der er eine Gesamtbetrachtung der literarischen Scheiterhaufen in der Geschichte vollzieht und doch sehr fein herausarbeitet, warum die Abscheulichkeit der Nazis so einzigartig dasteht: "Das geistige Deutschland brachte sich und den deutschen Geist um (...). Es war nicht nur Mord und nicht nur Selbstmord, es war Mord als Inzest.".

Weil Kästner-Texte gar nicht langweilig sein können und weil sie selbst der versteht, der Kästners historischen Einordnungen nicht immer folgen kann, ist das die ideale Lektüre gerade für jene, die Gedenktagen ansonsten kritisch bis ablehnend gegenüber stehen. Unterhaltender kann man gar nicht belehrt werden als hier.

Thomas Friedrich

Erich Kästner: Über das Verbrennen von Büchern. Atrium, Zürich 2012, 51 S., 10,00