bauwerke Der Traum der Macht Ismail Kadare erzählt eine politische Parabel Das Buch ist kurz, aber gewaltig. Es reicht über fast 5000 Jahre, vom jungen Pharao Cheops, der in Ägypten keine Pyramide bauen wollte, bis zu einem Touristen, der an einer neuen Pyramide, wohl dem gläsernen Eingang zum Louvre, einen Makel findet. Schließlich schrieb Ismail Kadare, Albaniens berühmtester Autor, Die Pyramide im Exil in Paris, als das moderne Monument da gerade gebaut wurde. Fast wie ein Märchenerzähler führt Kadare uns im Wechsel von bunter Beschreibung, symbolischen Szenen und klugen Kommentaren vor, wie der junge Herrscher von seinem Machtapparat zum Pyramidenbauen getragen wird. Das Problem des Staates, sagen die Schranzen, sei der Wohlstand. Wenn es den Leuten zu gut gehe, nähmen sie sich Freiheiten gegenüber der Regierung heraus. Also beschäftigt ein kluger Herrscher seine Untertanen so sehr mit einer Idee, einem gemeinsamen Projekt, dass sie an gar nichts anderes mehr denken können. Dass alle an einem Strang ziehen, selbst wenn er um ihren Hals läuft. Cheops gehorcht dem Machtzwang und lässt das größte Bauwerk der damaligen Welt planen. Und die Peitschenmacher verdoppeln schon ohne öffentlichen Auftrag ihre Produktion, weil sie wissen, was für die Durchsetzung der Staatsräson gebraucht wird. Nach vielen Qualen und Parabeln, für die Kadare schon mit Orwell und Kafka verglichen wurde, entsteht die Pyramide als mythisches Wesen und verbreitet sich über die Welt. Zu ihren Nachkommen zählt Kadare im Epilog die Bunker, die Diktator Enver Hoxha bis in die 1980er in Albanien errichten ließ. Es waren wohl mehrere Hunderttausend, und sie verkörpern märchenhaft treffend, "dass der alte Traum, alle menschlichen Gehirne durch eine einzige Idee zu verbinden, allenfalls zu verwirklichen war, wenn man Eisendrähte hindurchzog." Nach diesem Buch sieht man auch Eiffeltürme anders. Wing
Ismail Kadare: Die Pyramide. Aus dem Albanischen von Joachim Röhm. S. Fischer, Frankfurt 2014, 160 S., 19,99
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