GESCHLECHTERKRIEG
Die Rüstung putzen Ein Blick hinter die feindlichen Linien Mal abgesehen davon, dass Frauen und Männer einfach nicht zueinander passen, können sie wundervoll aneinander vorbeireden. Um da ein bißchen Ordnung reinzubringen, hat Jetzt, das montagliche Jugendmagazin der "Süddeutschen Zeitung", vor drei Jahren eine Kolumne eingerichtet. Auf einer Doppelseite wird - "Nur für Jungs / Nur für Mädchen" - ein und dasselbe Thema abgehandelt. Aus der Perspektive der Geschlechter. Ein paar dieser Kolumnen sind jetzt in Buchform erschienen. Da erfahren wir, was Jungs von Jungs halten, die keinen Nagel in die Wand schlagen können (nichts), warum Mädels Strumnpfhosen tragen (warm & sexy), wie es sich anfühlt, sich einen Bart wachsen zu lassen (blöd) oder sich die Beine zu rasieren (aua!). Neben solchen Alltäglichkeiten gibt's Einblicke in die Psyche des anderen Geschlechts. Zum Beispiel was ein Mädchen denkt, wenn der Kerl neben ihr schon wieder nach dem Sex eingschlafen ist: "Klar schläft er. Weil er es sich verdient hat. Weil er gekämpft und nicht nur mit dem Säbel gerasselt hat. Hat alles gegeben. Das ist eben so: Wer einen Ritter will, kriegt auch einen Ritter. Einen schönen, großen, lichtumstrahlten Ritter. Der aber nach gewonnener Schlacht die Rüstung putzen gehen muß." Jungs erzählen dafür, wie schön es ist, wieder mal auf sie warten zu müssen - Wir hören das Bekannte "Bin gleich fertig"!, und "einige Erdzeitalter später, wenn wir an ihrer Couch festgewachsen sind, zum dritten Mal den Nachrichtenüberblick im Videotext durchgeschaut, ein paar mal 'Ich bin jetzt auch fertig' gerufen und Krieg und Frieden quer gelesen haben, ist das Mädchen ausgehfertig. ( ...) Wir wissen nicht, ob die Welt draußen noch existiert oder inzwischen die Rechten an der Regierung sind. Wir tun trotzdem, was wir immer tun: aus kleinen Augen blinzeln und ihr sagen, dass es sich gelohnt hat." Man sieht schon: hier werden Klischees lustvoll bedient wie gedreht. Am langweiligsten sind noch prominente Gast-Texte, wenn etwa "Die Ärzte" erklären, was "cool" für Jungs ist. Schöner ist, wenn Mädchen erklären, wann sie sich verlieben: "Wir sind verliebt. Seine Vespa ist ihm kaputtgegangen, als er uns nach Hause fahren wollte. Seine Küche war dreckig, als er für uns kochen wollte. Und das T-Shirt, das er uns zum Schlafen gegeben hat, war ein ganz altes. Trotzdem haben wir die ganze Zeit gelächelt." Die "Nur für Mädchen"-Texte sind meistens origineller, frecher, lustiger. Und tiefer. Ein "Mädchen"-Text über Liebeskummer: "Was früher Langeweile war, ist jetzt Einsamkeit" - wenn ein Junge das schriebe, wär's eine abgeguckte Hemingway-Pose. Bei Mädchen klingt's einfach traurig. Der schönste "Nur für Jungs"-Text (Tobias Kniebe über Romantik) fehlt leider. Ansonsten ist die Aufsatz-Sammlung schlecht illustriert (typischer Grafik-Designer-Murks), man hätte gerne mehr über die Autoren gewusst. Aber als Einstimmung fürs nächste Missverständnis im Beziehungskrieg ist das nett. Thomas Friedrich
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Timm Klotzek, Marc Deckert (Hg.): Nur für Jungs / Nur für Mädchen. Meinungsverschiedenheiten. KiWi Nr. 701, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2002, 207 S., 8,90 EU |