VÖLKERKUNDE

Beachten Sie die Regeln!

Was an den Japanern alles seltsam ist

Japaner schlafen zu wenig. Wenigstens im Bett. Deshalb ist halb Japan im Dauer-Dämmer: In der U-Bahn, während der Vorlesung, im Büro tragen Japaner tagsüber ihr Schlafdefizit ab und dösen vor sich hin. Dabei ist Japan ein vergnügungsfeindliches Land. In Tokio fährt die letzte U-Bahn nachts um 1 uhr. Wer dann noch feiert, muß bis 5 durchhalten (dann fährt die erste Bahn) oder ein Taxi nehmen.
Was in Japan alles seltsam ist, hat Christoph Neumann in Darum nerven Japaner aufgeschrieben. Er lebt seit Jahren in Japan, hat seine Japan-Kritik auch dort veröffentlicht und war damit so erfolgreich, dass er eine eigene TV-Show hat und die Leute ihm auf der Straße die Hand schütteln..
Was ihn nervt: die Haltung der Japaner gegenüber dem Rest der Welt. Ein Japaner, sagt Neumann, kann sich einfach nicht vorstellen, dass auch außerhalb Japans logisch gedacht wird. Japaner belehren einander und andere ständig. Man kann keine Rolltreppe benutzten, ohne eine Durchsage über sich ergehen zu lassen ("legen Sie die Hand auf das Laufband ..."). Im Tokioer Flughafen hingen jahrelang zwei Transparente, eines auf japanisch, eines auf englisch. Japanisch stand dort: "Willkommen Zuhause". Auf Englisch: "Beachten Sie die Regeln!"
In Japan zahlen sogar die Krankenhäuser Schutzgelder an die örtliche Mafia, die "Yakuza". Dafür kümmert die sich bisweilen besser ums Volk als die Regierung. Während des Erdbebens in Kobe funktionierte die örtliche Yakuza ihre Zentrale in eine Suppenküche für die Opfer um, die Regierung steckte derweil dringend benötigte Suchhunde, die das Ausland geschickt hatte, erstmal in Quarantäne.
Derlei Schnurren und Seltsamkeiten erzählt Neumann viele und schreckt auch nicht davor zurück, in die japanische Psyche einzudringen. Das Sexualverhalten dort ist gleichermaßen frei und reglementiert, es gibt Codes, die nicht zu beachten übel enden kann. Sex organisiert man auf infantilen Partys, Verfügbarkeit wird vorausgesetzt. Allerdings spart Neumann den bizarrsten Teil aus: wer sich einmal japanischer Pornografie genähert hat, dieser Mischung aus Prüderie, unausgelebter Pädophilie, Lust an der Qual und freudloser Massensauerei, weiß, dass zwischen Japan und dem Rest der Welt mehr als nur ein Ozean liegt.
Nebenbei: Der Verlag hat das Buch nicht gut behandelt. Eine kaum lesbar kleine Schrift macht das Lesen zur Qual, die von einem Textprogramm erzeugten Trenn- und Schreibfehler erhöhen nicht gerade die Lesbarkeit.
Victor Lachner
Christoph Neumann: Darum nerven Japaner. Der ungeschminkte Wahnsinn des japanischen Alltags. Eichborn, Frankfurt 2002, 157 S., 12,95 EU