KULTUR-KLÄTSCH

Ösis und Piefkes

Wie man als Österreicher die Deutschen überlebt

Es gibt Kulturen, die sind einander so fremd, dass selbst Kleinigkeiten wie eine Begrüßung zu großen Missverständnissen führen können. Es gibt aber auch Kulturen, die sich unheimlich ähneln und trotzdem meilenweit von einander entfernt sind. So betrachten sich Österreicher und Deutsche gern als völlig unterschiedliche Lebensformen, obwohl sie auf der Landkarte kaum ein Katzensprung trennt.

Matthias Seling, Stand-up-Comedian, Weltenbummler und bekennender Falco-Fan, legt in I werd narrisch! eine Sammlung kleiner Geschichten vor, die das Leben in Deutschland aus der Sicht eines Österreichers präsentieren. So liest man sich heiter durchs ganze Land, besucht ominöse Orte wie Stuttgart oder München und lernt dabei die Eigenheiten der Bevölkerung näher kennen. "Neben Nordic Walking ist Vor-Gericht-Ziehen offenbar eine der Lieblingsbeschäftigungen der Deutschen."

Die kleinen Einblicke, die man nebenbei auch in das Familienleben des Herrn Seling werfen kann, sind ebenfalls nicht zu verachten. Gekonnt manövriert er durch das weihnachtliche Sippenchaos und schafft dabei eine angenehm sarkastische Atmosphäre. Und vor allem der Sarkasmus, getarnt als liebenswürdige "Grantelei", zeichnet den Österreicher schließlich besonders aus!

Mit trockenem Humor wandelt sich selbst der schlimmste Abend in Hessen zu einem gelungenen Trip "Into the heart of Handkäs", und die unfreiwillige Begegnung mit der bajuwarischen Polizei verliert fast ihren elementaren Schrecken, wenn man die Ordnungshüter in Zivil etwas genauer betrachtet. "Als Ziel hat er mit seinem Outfit wohl Jack Bauer angestrebt, leider reicht es nur für Bauer Jack."

Kleine Ausflüge in den jeweiligen Ortsdialekt sorgen für leichte Verwirrung, hinterlassen aber oftmals ein feines Grinsen. Warum sollten sich Deutsche durch die "Ösi-Dialekte" quälen, wenn es zu Hause so schöne Sprachabnormitäten wie den folgenden Satz gibt: "Isch bin abbsofott die Boddygaard." Herzlichen Dank dafür.

Vielleicht hätte dem Buch eine kleine Endkorrektur gut getan, kleine Fehler im Satzbau wären dadurch zu vermeiden gewesen. Dies stört allerdings weder den Lesefluss gravierend, noch beeinträchtigt es den positiven Gesamteindruck.

Sybille Lengauer (Österreicherin)
Matthias Seling: I werd narrisch! Ullstein, Berlin 2010, 184 S.,7,95