Politik

Nazis mit Gebetsteppich

Hamed Abdel-Samad beschreibt den "islamischen Faschismus"

Der Islam ist eine tolerante und friedliebende Religion. Wer was anderes behauptet - den müssen wir leider umbringen!" - so fasst Hamed Abdel-Samad in Der islamische Faschismus seine Erfahrungen mit der Kritikfähigkeit muslimischer Organisationen zusammen. Mit der These, der Islamismus sei nur eine Variante des Faschismus und sogar zeitgleich entstanden, tingelt Herr Abdel-Samad ja schon länger durch die Talkshows und Vortragssäle dieser Welt. Und obwohl die These weder sonderlich originell, geschweige denn einleuchtend wäre, haben sich, wie zu erwarten, weltweit wütende Mohammed-Freunde empört und ein Todesurteil über den streitbaren ägyptischen Akademiker verhängt, der seitdem unter Polizeischutz steht.

Sein Buch ist eine oberflächliche Zusammenfassung der Geschichte des Islam, schlecht belegt und arg verkürzt, und präsentiert (auch) diese Religion als Denksystem mit totalitärem Anspruch. Das ist nicht neu und schon gar nicht faschistisch (was "faschistisch" ist, dafür liefert Abdel-Samad dürftige Definitionshinweise; der Beste ist noch die 50 Thesen Liste von Umberto Eco), er folgt eher der Mode, jede Intoleranz als im Kern faschistisch zu bezeichnen. Im wesentlichen leidet Abdel-Samads These an einer Verwechslung der Reihenfolge: Der Faschismus hat sich als quasireligiöse Erweckungsbewegung viel von den Monotheisten abgeguckt; nicht umgekeht. Christen führten die ersten Bücherverbrennungen durch, Juden wurden im Mittelalter in katholischen Brennöfen ermordet.

Wer so schlampig hinguckt wie Abdel-Samad, der kommt dann eben auch nicht weiter als Thilo Sarrazin als Denkantoßschubser zu loben, wie Abdel-Samad es im letzten Kapitel tut. Das Buch ist eher laut und wirr als "eine Analyse", wie die Unterzeile verspricht. Die Beweisführung, dass die Muslimbrüder Demokratie nur als Sprungbrett für eine kommende Diktatur nutzen wollten, ist im Rückblick nicht so aufregend. Und die Analogie zu den Nazis macht, bei allen anderen Ähnlichkeiten, aus den Muslimbrüdern noch keine faschistische Organisation und aus den Tugendwächtern des Iran keine SA oder SS (da verwechselt Herr Abdel-Samad sowieso was).

Bei der inflationären Verwendung des Begriffes warte ich sowieso schon seit Jahren auf das schockierende Enthüllungsbuch "Der faschistische Faschismus".

Erich Sauer

Hamed Abdel-Samad: Der islamische Faschismus. Eine Analyse. Droemer, München 2014, 223 S., 18,00