POP-MUSIK
Plastiklöffel
»Don't believe the Hype!« will den Rock vor seinen Verehrern retten
I was born with a plastic spoon in my mouth" - na, wer weiss, wer das wann sang? Und gegen wen? Die Antwort steht klugerweise nicht in dem hier zu lobenden Buch, dass sich, teils exquisit Nischenbildung herbeizitierend, teils rüpelig scherzend über den Kanon akzeptierter "Meisterwerke" aus Rock und Pop und Trallala her macht. Renommierte Rock-Journalisten mehrerer Länder ärgern sich darin unter der Federführung des Ex-Ultimo-Autors Sky Nonhoff darüber, dass heutzutage die FAZ Eminem lobt, Frau Roche einen Grimme-Preis kriegt oder Best-Of-Sender ohne jedes historische Bewusstsein einen Geräuschteppich machen aus allem, was einmal Gegenkultur war. Dass die frühen Who nicht in die ewige Playlist aufgenommen wurden, ist da nur ein schwacher Trost.
Sky und seine 18 Kumpane (meist Amerikaner, nicht nur Männer), treten an gegen die "Nick Hornbysierung" der Widerstands-Mucke, gegen die automatische Götterverehrung, gegen die Einbürgerung der Aussenseiter und gegen den unterscheidungslosen Applaus für alles, was bloss erfolgreich ist.
Für dieses hehre Ziel hauen sie dann aber unterschiedslos Bob Dylan und Elvis Presley, Sting und The White Stripes, Jimi Hendrix und Genesis, "Sergeant Pepper" und "Smile" in Klump. Alles Verbrecher, alles Money-Mucker, alles keine Kunst und keine Revolte.
Dabei fällt viel Kluges ab (Roger Waters war nicht der kreative Kopf von Pink Floyd) und manches hübsch Despektierliches. Und manchmal quietscht auch die alte, beleidigte Lederjacke, wenn Sky & Co. ihre Häme ausgiessen über das bürgerliche Feuilleton, in dass sie (und wir) es weder schafften noch wollten - dass aber frecherdings "unsere" Kulturgegenstände ursupiert.
Ja, schlimm, was etwa Rainald Goetz alles für Geld quatscht, unverzeihlich, unbedingt. Aber Vorsicht, Sky, wir haben auch ein paar gemeinsame Leichen im Keller. Und irgendwie kriegen die amerikanischen Gäste es glaubwürdiger hin, Geschmack, Gesinnung und Konflikte mit Anderstanzenden als persönliches Erleben mit Allgemeingeltung zu beschreiben ("meine Tochter hat recht: Moby war früher besser"). Die deutschen Gegenpäpste sind dagegen so apodiktisch wie ihre Feinde: "was akzeptiert wird, kann ich nicht akzeptieren".
Zum Zitieren freigegeben: "Wer Nick Hornby liebt, wird Sky Nonhoff hassen". Stimmt zwar nicht, hilft aber vielleicht dem durchaus wünschenswerten Verkauf dieser Gegengeschichte des Pop.
WING
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