Robert Gernhardt
Hochglanz und Schwafel
Ein reich illustrierter Leseband
"Für Robert Gernhardt war keine Menschheitsfrage zu groß und keine Alltagsbeobachtung zu gering, als dass er sich nicht eingefangen und in Literatur verwandelt hätte" - und vor allem kann man sich gut vorstellen, was der verblichene Gernhardt aus solch einem verschwiemelten Satz gemacht hätte, der auf der Rückseite des Lesebandes Wenn schöne Frauen morgens sich erheben steht und von Herausgeber Johannes Möller stammt. Der hat für seinen "Gernhardt kann über alle schreiben"-Band leider auch völlig unzusammenhängend Lyrik und Prosa versammelt, die auch Gernhardts Lust demonstrieren, die innere Nähe von Literatur und Schwafelei herzustellen; davon abgesehen, dass Gernhardts düstere Gedichte nicht "rätselhaft" (Möller) sind (sondern von Krebstherapie und Todesangst handeln) und dass er weitaus bessere Sonette verfasst hat als das eine hier zitierte. Der eigentliche Clou des großformatigen Hochglanzbandes sind sowieso die Illustrationen von Rudi Hurzlmeier, dessen breiter Strich genau jenen Bereich zwischen Melancholie und Wahnsinn ausfüllt, in dem Gernhardt sich tummelte. Insofern kommen Gernhardt-Freunde leider nicht um diesen schönen Band herum, der einige Texte aufs absonderlichste optisch aufbereitet. "Ein Gespräch im Hotel »Schwarzer Bock« wird nie wieder so beeindruckend illustriert werden, auch wenn der Herausgeber dafür in der Hölle schmoren soll, das Bild in diesem Falle über den Bund gedruckt zu haben.
-thf-
Johannes Möller (Hg.): Wenn schöne Frauen morgens sich erheben. Edition Büchergilde, Frankfurt 2012, 222 S., 26,4 x 19,2 x 2 cm, mit zahlr. Abb., 24,90
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