VAMPIRE
Und aus!
Anne Rice schließt mit »Hohelied des Blutes« mehrere Kapitel
Ich will ein Heiliger sein. Ich will Millionen von Seelen erretten" verkündet Lestat im ersten Satz des letzten Buches jener Vampir-Chroniken, mit denen Anne Rice seit Jahrzehnten Gore und Dixie-Charme, fleischliche Gelüste und Salon-Kultur verband. Zehn Bücher, zwei Filme, ein Musical und Millionen von Fans beweisen ihr Gespür dafür, wo der Puls im Publikum pocht. Und jetzt das.
Anne Rice hat nach eigener Auskunft nach langer Abkehr wieder zum Katholizismus zurück gefunden und will in Zukunft lieber über den lieben Herrn Jesus Romane schreiben als über den elegantesten Vampir der Welt. Oder über die Mayfair-Hexen, deren kleinere Romanserie Rice schon mit Blackwood Farm an die Vampir-Chroniken andockte. Das Hohelied soll beide Zyklen nun zum Abschluß bringen, zeigt aber vor allem, dass Rice noch viele Karteikarten hatte, die irgendwie verarbeitet werden mussten. Und dass ihre Figuren damit nicht so ganz einverstanden sind.
Würde sich Lestat sonst so weinerlich darüber geben, dass "sein" letztes Buch beim Leser nicht den gebührenden Anklang fand? Würde seine Autorin sonst schon vorab einräumen, dieses Buch kläre nicht die letzten Fragen, es sei einfach nur Lestats letztes? Die amerikanischen Lestat-Fans äußerten ihren Unmut über das Hohelied so heftig, dass Anne Rice bei amazon.com eine wütende Selbstrezension schrieb, ihre künstlerischen Entscheidungen rechtfertigte und dummen, enttäuschten Kritikern anbot, das Buch zurückzukaufen.
Damit es für Anne Rice nicht zu teuer wird: das Hohelied kann man nicht verstehen, wenn man gar keine Rice-Bücher kennt, und nicht mögen, wenn man nicht wenigstens Blackwood Farm mochte, an dessen Handlung das Hohelied nahtlos anschließt.
WING
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